Gedanken für den Tag

3. August 2015, 06:56

"Die Frage danach, wie wir leben möchten, ist gleichbedeutend damit, wie wir unsere Zeit verbringen wollen." Es waren Sätze wie dieser vom Soziologen Hartmuth Rosa, die eine Revolution in meinem Denken ausgelöst und mich immer mehr dazu gedrängt haben, meinen eigenen Umgang mit Zeit, insbesondere mein Empfinden von Lebenszeit zu hinterfragen.

In einer Situation, an die ich mich noch sehr bildhaft erinnern kann, habe ich während einer Terminvereinbarung auf meinen Buchkalender geblickt und die Wochenblätter waren leer. Plötzlich ist ein Schamgefühl in mir hochgestiegen, das aber gleichzeitig von einer leisen Ahnung, fast Sehnsucht, getragen war. Wie wäre es, viel freie, unverplante Zeit zur Verfügung zu haben, was würde geschehen, wenn ich nur noch dann arbeite, wenn es sich stimmig anfühlt, ich Inspiration verspüre und auch wahrnehme, wann meine Reserven verbraucht sind? Ich wollte im Grunde, wie ich jetzt immer mehr verstehe, aussteigen, um einzusteigen. Aussteigen aus fremdbestimmten äußeren Strukturen, um einzusteigen in meine eigene Zeit und damit in mein eigenes Leben.

Ein unentbehrlicher Begleiter auf dieser steinigen Reise wurde mir die 2-jährige Arbeit am Film "Unendlich jetzt", die mich auch nach Peru in ein schamanisches Urwaldcamp geführt hat. Was es heißt, als geistig-körperliches Wesen einen bestimmten Platz auf dieser Erde einzunehmen, wurde mir an diesem naturverbundenen Ort in aller Tiefe bewusst. Ich musste erkennen, dass ich all das, was ich zu sein glaubte, gar nicht bin und erst dadurch öffnete sich der Raum für ein überzeitliches Existenzgefühl, in dem Unendlichkeit und Gegenwart zu einem Moment verschmelzen. Und auch wenn sich dieser Moment der reinen Präsenz weder messen noch in einen Zustand verwandeln lässt, weiß ich seitdem intuitiv, was mir ein Begriff wie Selbst-Bewusstsein seinem Wesen nach wirklich sagen will.

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Roman Pachernegg

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