Radiokolleg - Vom Homunkulus zur Postgenomik

Die Geschichte der Genetik
(4). Gestaltung: Wolfgang Däuble

Die Nase des Vaters, die Augen der Mutter - seit der Antike wurde versucht, das Phänomen der Vererbung zu erklären. Bereits Aristoteles und Hippocrates erkannten, dass beide Elternteile ihren Teil zur äußeren Erscheinung beitragen. Ihre Vorstellung des weiblichen und männlichen Samens war der Realität, ohne dass sie ihre Theorie jemals überprüfen konnten, erstaunlich nahe. Im Mittelalter herrschte dagegen eine vom Patriarchat geprägte Vorstellung: Der Mann trug den fertigen Homunkulus in seinem Samen, die Frau war lediglich das Gefäß, in dem der neue Mensch heranwuchs.

Es dauerte bis ins 19. Jahrhundert, ehe aus den mehr oder weniger phantasievollen Vorstellungen der Vererbung eine echte Wissenschaft wurde. Der mährische Mönch Gregor Mendel untersuchte an Erbsenpflanzen systematisch die Häufigkeiten, mit denen bestimmte Merkmale an die nächste Generation weitergegeben werden. Durch reine Beobachtung erkannte er Gesetzmäßigkeiten, die bis heute gültig sind - zurecht gilt er als Vater der Genetik. Es sollte aber noch fast ein Jahrhundert verstreichen, bis man auch die biochemischen Prozesse dahinter erklären konnte.

Mit der Entdeckung des genetischen Codes und der chemischen Struktur der DNA trat die Genetik einen Siegeszug an, der in der Welt der Wissenschaft seines gleichen sucht. Mit atemberaubender Geschwindigkeit entwickelten sich in den letzten Jahrzehnten die technischen Möglichkeiten zur DNA-Analyse ebenso wie das Verständnis darüber, was das Leben im Innersten zusammenhält. Kaum ein biomedizinisches Labor kommt heutzutage mehr ohne die Sequenzierung ganzer Genome aus. Dabei ist noch lange kein Ende in Sicht: Neue Verfahren und computergestützte Analysemethoden sind bereits entwickelt, um die noch offenen Fragen über die Funktionsweise der Zellen zu beantworten.

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