Gedanken für den Tag
von Oliver Achilles, katholischer Theologe. "Wir sind alle Griechen". Gestaltung: Alexandra Mantler
7. Oktober 2015, 06:56
Gesetz und Gewissen
1935 verweigerte der an der Universität Bonn lehrende reformierte Schweizer Theologe Karl Barth den Eid auf Adolf Hitler. Als einer der geistigen Väter der "Barmer Theologischen Erklärung" und damit der sogenannten "Bekennenden Kirche" wurde ihm daraufhin nicht nur sein Lehrstuhl genommen, er musste auch Deutschland verlassen. Ein Jahr später verfasste der Marburger Neutestamentler Rudolf Bultmann ein öffentliches "Sendschreiben an Karl Barth zum 50. Geburtstag". Erstaunlicherweise schrieb Bultmann darin über "Polis und Hades in der Antigone des Sophokles".
Wenn man mit dem Inhalt dieser Tragödie vertraut ist, wird die Themenwahl dieses Schreibens einsichtig: In ihrem Zentrum steht der Konflikt zwischen Antigone, der Tochter des Ödipus, die sich aus religiösen Gründen verpflichtet weiß, den Leichnam ihres Bruders Polyneikes zu bestatten, während Kreon, der König von Theben aus Gründen der Staatsräson eben dieses Begräbnis verbietet: Polyneikes hatte die feindlichen Heere gegen seine Heimatstadt angeführt und sie mit Feuer und Vernichtung bedroht.
Eine oft an die Tragödie herangetragene Deutung lautet, dass hier ein Konflikt zwischen Gesetz und Gewissen ausgetragen wird. Vielleicht kann man diesen Konflikt so in unsere Verhältnisse übersetzen: Wie ist es möglich, eine Gesetzgebung so zu gestalten, dass Raum für persönliche religiöse Lebensweisen und Überzeugungen bleibt? Eines zeigt die Tragödie des Sophokles eindringlich: Wenn es hier im Konfliktfall nicht zu einem Ausgleich kommt, sind die Folgen für das Gemeinwesen destruktiv. Kreon überlebt zwar am Ende den Konflikt, aber als einsamer, gebrochener Mann.
Es liegt wohl auch an der Aktualität dieses Themas, dass die vor fast 2500 Jahren geschriebene Antigone des Sophokles bis heute - derzeit etwa am Burgtheater - Aufführungen erlebt.
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Sendereihe
Playlist
Komponist/Komponistin: Georg Friedrich Händel
Vorlage: Silvio Stampiglia
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Textbearbeiter unbekannt
Gesamttitel: PARTENOPE, HWV 27 / Dramma per musica in 3 Akten / Gesamtaufnahme / 1.Akt 1.Teil
Titel: 1. Ouvertüre (00:04:44)
Leitung: Sigiswald Kuijken
Orchester: La Petite Bande
Solist/Solistin: Krisztina Laki /Partenope, Sopran
Solist/Solistin: Helga Müller-Molinari /Rosmira, Alt
Solist/Solistin: René Jacobs /Arsace, Countertenor
Solist/Solistin: John York Skinner /Armindo, Countertenor
Solist/Solistin: Martyn Hill /Emilio, Tenor
Solist/Solistin: Stephen Varcoe /Ormonte, Baß
Länge: 02:00 min
Label: Deutsche harmonia mundi GD77109 (3 CD)