Radiokolleg - Affenliebe und Katzenjammer

Einsichten in die Mensch-Tier-Beziehung (1). Gestaltung: Sabine Nikolay

Vor etwa 30.000 Jahren ereignete sich in Kleinasien eine folgenschwere Veränderung: Wölfe begannen in der Nähe des Menschen zu leben, nachts zu heulen, Essensreste anzunehmen und schließlich, sich dem Menschen anzuschließen. Der älteste Begleiter des Menschen, der Hund, war in der Menschheitsgeschichte erschienen. Jahrtausendelang leistete er gute Dienste als Wach-, Jagd- und Hüterhund, als wertvolle Geldanlage in Form von Wind- und Kampfhunden an Fürstenhöfen, als kostbares Geschenk, schließlich als Kuscheltier und Schoßhündchen - selten im Kochtopf. Dem Hund folgten Wildkatzen, die die Nähe des Menschen aufgrund der Nagetiere, die dessen Getreidevorräte bedrohten, suchten. Schafe und Ziegen sind seit ca. 12.000 Jahren domestiziert, das Schwein seit etwa 10.000. Rinder erscheinen spätestens vor 6.000 Jahren in den altägyptischen Hochkulturen als Milchspender und vor den Pflug gespannt. Zuletzt erscheint vor etwa 5.500 Jahren das edelste Tier in der Menschheitsgeschichte: Das Pferd.

Gemeinsam ist Mensch und Tier: Das Zusammenleben hat sie verändert. Es bringt beiden Spezies Vorteile: längeres, gesünderes Leben, Erleichterung bei der Nahrungsbeschaffung, Sicherheit und eine Arbeitsaufteilung die beiden hilft. Was damit einherging waren epigenetische Veränderungen: Irgendwann haben Menschen und Tiere begonnen, Gefühle füreinander zu entwickeln. Der Hund liebt seinen Herrn, das Schwein kommt auf Zuruf, die Kuh lässt sich geduldig melken, das Pferd tut, was ihm die Reiterin sagt.

Wie funktionieren Beziehungen zwischen Mensch und Tier? Wie verständigen sie sich miteinander, wo sie doch keine gemeinsame Sprache haben? Wieso lieben wir manche Tiere, essen sie aber auch - wie das bei Pferden der Fall ist. Warum richten wir Hunde ab, aber nicht Schweine, die mindestens genauso intelligent sind. Weshalb kuscheln wir mit Tieren, die ein Fell haben, aber nicht mit Amphibien oder Reptilien? Und warum erschlagen wir ohne zu zögern eine Gelse, könnten aber "keiner Fliege etwas zuleide tun"?

Service

Sachbuch:


Arianna Ferrari und Klaus Petrus (Hg.), Lexikon der Mensch-Tier-Beziehungen, Transcript Verlag Bielefeld 2015

Hans Werner Ingensiep, Heike Baranzke, Das Tier, Reclam, 2008

Melanie Joy, Warum wir Hunde lieben, Schweine essen und Kühe anziehen. Karnismus - eine Einführung. Aus dem Amerikanischen von Achim Stammberger, compassion media 2013

Iris Radisch, Eberhard Rathgeb, Wir haben es satt!, Residenz 2011

Ulrich Raulff, Das letzte Jahrhundert der Pferde, C.H.Beck, 2015

Monty Roberts, Das Wissen der Pferde, Bastei Lübbe 2000

Hilal Sezgin, Artgerecht ist nur die Freiheit, C.H. Beck 2014

Tierethik. Grundlagentexte. Herausgegeben von Firederike Schmitz. Suhrkamp tb Wissenschaft 2082, Hamburg, 2014

Tiere und Geschichte, Konturen einer Animate History, Herausgegeben von Gesine Krüger, Aline Steinbrecher und Clemens Wischermann, Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2014

Ulrike Thiel, Die Psyche des Pferdes, Kosmos Verlag o.J.



Literatur:


Albert Camus, Die Pest, rororo, Reinbeck bei Hamburg, 1997

T.C. Boyle, Wenn das Schlachten vorbei ist, Hanser 2012

Marie von Ebner-Eschenbach, Krambabuli und andere Erzählungen, Reclam Nr. 7887, 2001

Karen Joy Fowler, We Are All Completely Beside Ourselves, Plume 2013

Sendereihe