Leporello
Norman Shetler und Christian Zagler über 70mm Film im Gartenbaukino
19. Februar 2016, 07:52
Die Projektion von 70 Millimeter Film zählt für Norman Shetler zu den eindrucksvollsten Arten, Kino zu genießen. Der Geschäftsführer des Wiener Gartenbaukinos verfügt noch über die alte, analoge Vorführtechnik, die eine enorme Bildgröße und ein Maximum an Schärfe gewährleistet. Anlässlich des Starts von "The Hateful Eight", dem jüngsten filmischen Blutrausch von Quentin Tarantino, hat Shetler das Breitwand-Verfahren, das seit langem als nicht mehr wirtschaftlich genug gilt, wiederbelebt. Die dafür benötigten Maschinen sind im Digitalzeitalter beinahe in Vergessenheit geraten, im altehrwürdigen Gartenbaukino jedoch existieren sie immer noch. Filmvorführer Christian Zagler bedient das mechanische Räderwerk - hinter dem Fensterchen, ganz oben, an der Rückwand des Kinosaals, waltet er seines Amtes.
Im Gartenbaukino wird der Filmvorführer zu Beginn des Films persönlich begrüßt und mit Dank bedacht. Und Anerkennung gebührt ihm auch für seine Millimeter-Arbeit. Regisseur Quentin Tarantino, erklärter Freund des analogen Kinos, hat verfügt, dass "The Hateful Eight" in der 70-Millimeter "Roadshow-Fassung" nur in ausgewählten Kinos gezeigt wird. In ganz Europa wurden nicht mehr als 18 Lichtspielhäuser vom Meister auserkoren.
Bekanntlich wird bei Tarantino ausgiebig geschossen und gemordet, Blut und Tränen fließen literweise. Aber das alles ist doch nur Kino. Im wirklichen Leben lauern derweil Gefahren, die ein Filmvorführer an seinem Projektor viel mehr fürchtet. Christian Zagler war der Held dieses Tages, als die Wasserzufuhr gestoppt war. Die benötigte Kühlung für seine Maschinen setzte er instande, indem er einen simplen Wasserschlauch aktivierte.
Heute Abend erzählt Norman Shetler in einem Vortrag im Gartenbaukino Wissenswertes zur Geschichte des 70mm-Formats in seinem Haus, und er verweist schon auf einen nächsten Einsatz des breiten Filmbands, nämlich für "Lawrence of Arabia" im April. Kino soll wieder Festcharakter erhalten, das wäre Shetlers Wunsch für die Zukunft- mit Blick auf eine glorreiche Vergangenheit.- Gestaltung: Christa Eder
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