Radiokolleg - Fundort unbekannt
Das Geschäft mit geplünderter Kunst (1). Gestaltung: Anna Masoner
7. März 2016, 09:30
Rollsiegel, Schmuckstücke, Keilschrifttafeln, Grabreliefs, Statuen und Mosaike: Antike Kulturgüter sind auf dem westlichen Kunstmarkt schon seit Jahren sehr beliebt. Befeuert wird diese Entwicklung durch den Krieg und die gesetzlose Lage im Nahen Osten, allen voran in Ägypten, Libyen, Syrien und im Irak. Dort stehen systematische Plünderungen der Kulturstätten durch Raubgräber an der Tagesordnung. Kolportiert wird, dass sich die sogenannte Terrororganisation "Islamischer Staat" auch aus dem Verkauf der Objekte Kapital schlägt - wie auch andere Kriegsparteien.
"Weltweit wird - so vermuten es Strafverfolger -nur mit Drogen und Waffen mehr illegales Geld gemacht," schreibt der Journalist Günther Wessel in seinem kürzlich erschienen Buch "Das schmutzige Geschäft mit der Antike. Der globale Handel mit illegalen Kulturgütern". Das meiste Geld verdient wird allerdings nicht in den Ursprungsländern sondern auf dem westlichen Kunstmarkt.
Plünderungen und Raubgabungen sind nicht nur ein Phänomen der vergangenen Jahre, sondern eigentlich so alt wie die Archäologie und das Interesse an der Antike. Waren unter den ersten Archäologen im 18. und 19. Jahrhundert viele Abendteurer, die oft skrupellos nach spektakulären Schätzen suchten, hat sich das Selbstverständnis grundsätzlich gewandelt. Heute verstehen sich Archäologen als Spurensucher. Für den Erkenntnisgewinn ist der Kontext eines Fundes meist wichtiger als der Fund selbst. Archäologen gehören daher zu den vehementesten Kritikern des Antikenmarktes. Denn wo Nachfrage da auch der Anreiz neue Objekte auf den Markt zu bringen.
Durch die Plünderungen und den Verkauf gelangt nicht nur Geld in die falschen Hände - Objekte aus ihrem historischen Kontext gerissen, Geschichte damit unwiederbringlich zerstört.
Service
Günther Wessel: Das schmutzige Geschäft mit der Antike. Der globale Handel mit Kulturgütern, Ch. Links Verlag 2015
Wafaa El Saddick und Rüdiger Heimlich: Es gibt nur den geraden Weg. Mein Leben als Schätzhüterin Ägyptens, Köln 2013
Peter Watson und Cecilia Todeschini: Die Medici-Verschwörung. Der Handel mit Kunstschätzen aus Plünderungen italienischer Gräber und Museen, Berlin 2006
ICOM International: Countering Illicit Traffic in Cultural Goods - The Global Challange of Protecting the Word's Heritage
Blog über illegalen Antikenhandel, organisierte Kriminalität
Maamoun Abdulkarim, syrische Antikendirektion
"IS nutzt Fachliteratur für Raubzüge"
Andreas Schmidt-Colinet, Institut für klassische Archäologie Universität Wien
Rettung bedrohter Kulturgüter in Krisengebieten