Gedanken für den Tag

von Mirja Kutzer, katholische Theologin und Germanistin. "Im Blick der Kamera" - Zum 90. Geburtstag von Marilyn Monroe. Gestaltung: Alexandra Mantler

Warum ist es so schwer zu sagen, wer Marilyn Monroe wirklich war? Warum scheint es schier unmöglich, eine Erzählung zu finden, die darauf eine gültige Antwort gibt? Natürlich lassen sich ein paar Daten ihres Lebens schnell zusammentragen. Vor 90 Jahren, am 1. Juni 1926, kommt sie als Norma Jeane Baker, in Los Angeles zur Welt. Mit 18 wird sie als Fotomodell entdeckt. Zwei Jahre später folgt der erste Vertrag als Schauspielerin. Bekannt wird sie vor allem in der Rolle des blonden Dummchens in Filmen wie "Blondinen bevorzugt", "Wie angelt man sich einen Millionär" und "Manche mögen's heiß". Mit ihrem letzten vollendeten Film "Misfits", nach einem Drehbuch ihres dritten Ehemannes Arthur Miller, gelingt ihr der Wechsel ins Charakterfach. Zahlreiche Affären werden ihr nachgesagt, unter anderem mit dem US-Präsidenten John F. Kennedy. Marilyn entwickelt eine Tablettensucht. Sie stirbt mit 36 Jahren an einer Überdosis Schlafmittel.

Solche hard facts beantworten die Frage nach dem "Wer" der Monroe freilich nicht. Sie müssten sich erst zu Erzählungen formen. Etwa die von Marilyn, der Filmikone, der Sexbombe, der Celebrity. Es könnte aber auch die Geschichte von einer ehrgeizigen und intelligenten Frau werden, die nach Anerkennung als ernsthafte Schauspielerin drängt. Oder die einer zerbrechlichen und verletzlichen Marilyn, deren Ehen scheitern und deren Sehnsucht nach einem Kind unerfüllt bleibt. Die Wahrheit liegt nicht einfach in der Summe der Versionen. Sie ist auch nicht in der goldenen Mitte zu finden. An der Monroe wird deutlich, dass die Frage, wer wir sind, keine letztgültige Antwort hat. Nicht einmal für uns selbst. Daraus, so hat der französische Philosoph Michel Foucault gefolgert, lässt sich nur eine praktische Konsequenz ziehen: Wir müssen uns selbst als Kunstwerk erschaffen. Wie das geht, dafür hat die Monroe ein eindrückliches und gleichzeitig höchst fragiles Beispiel gegeben.

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Titel: GFT 160530 Gedanken für den Tag / Mirja Kutzer
Länge: 03:49 min

Komponist/Komponistin: Ken Darby
Komponist/Komponistin: Lionel Newman
Album: DIAMONDS & PEARLS
Titel: One silver Dollar / aus dem Film "River of no return" /"Fluß ohne Wiederkehr"
Solist/Solistin: Marilyn Monroe /Gesang m.Begl.
Länge: 02:00 min
Label: Edel Rec. 0139262

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