Radiokolleg - Der entgrenzte Klavierabend
Wie Marino Formenti das Konzert neu erfindet
(3). Gestaltung: Dorothee Frank
15. Juni 2016, 09:45
Das gewohnte Zwei-Stunden-Konzertformat in einem Saal mit Zuschauerreihen wird Musiker/innen immer wieder zu eng. Kaum jemand überschreitet diese Konvention in so vielfältiger Weise wie der aus Italien stammende, in Wien lebende Pianist Marino Formenti. Bei "nowhere" bezog er jeweils für mehrere Tage einen Raum, in dem er wohnte, aß, schlief, Klavier spielte. Das Publikum konnte dieser Session, die auch über Webcam übertragen wurde, nach Belieben beiwohnen. Allerdings nicht mit ihm kommunizieren, denn er sprach kein Wort. In anderen Formenti-Marathons jedoch können die Zuhörer/innen sich zwischen den Stücken mit ihm unterhalten oder sich sogar selbst ans Klavier setzen. Oder aber er studiert mit jugendlichen Hobbymusiker/innen Stücke seiner und ihrer Wahl ein, von Neuer Musik bis Elektropop, und animiert sie zu Höchstleistungen. Oder er schließt sich mit jeweils einem einzigen Gast ein und spielt nur für ihn oder sie. Dorothee Frank hat Marino Formenti mit dem Mikrofon begleitet und stellt seine Experimente in den Kontext der Frage: Wie lässt sich die Tendenz zur Musealisierung von Klassik überwinden?