Radiodoktor - Medizin und Gesundheit

2. Tag der Patientensicherheit - Gefährliche Arzneimittelwirkungen verhindern

Am 17. September findet der 2. Internationale Patientensicherheitstag statt, eine gemeinsame Initiative von Österreich, Deutschland und der Schweiz. Im vergangenen Jahr stand das Thema Hygiene und die Verhinderung von Infektionen in Gesundheitseinrichtungen im Mittelpunkt.
Heuer dreht sich alles um "Medikationssicherheit", also um die richtige Verschreibung bzw. Verwendung von Medikamenten. Krankenhäuser, Pflegeheime, Apotheken, Reha-Zentren sowie weitere Organisationen und Verbände des Gesundheitswesens werden mit verschiedenen Aktionen auf dieses wichtige Thema aufmerksam machen. Die Fakten: Medikationsfehler zählen zu den häufigsten Problemen im Gesundheitswesen und sie sind Ursache Nummer 1 für unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW). Letztere sind verantwortlich für fünf Prozent aller Einweisungen in Krankenhäuser - und enden bei rund zwei Prozent der Patientinnen und Patienten tödlich. Untersuchungen aus den USA gehen sogar davon aus, dass 10 Prozent aller Todesfälle auf unerwünschte Arzneimittelwirkungen zurückzuführen sind. Besonders ältere Menschen sind von Neben- bzw. Wechselwirkungen von Medikamenten betroffen - denn mit den Lebensjahren nehmen in der Regel auch die Krankheiten zu - und mit ihnen die Zahl der Medikamente, die man einnehmen muss.
Laut einer Studie der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg nahmen von den 543, um die 80 Jahre alten, untersuchten Patientinnen und Patienten im Schnitt sieben Medikamente ein. Bei 36 Prozent der betagten Personen wurden verzichtbare Arzneien gefunden, bei beinahe 30 Prozent solche, die für alte Menschen inadäquat sind und es wurden zahlreiche Doppelverordnungen bzw. Fehldosierungen konstatiert. Potentielle Medikamenteninteraktionen eruierte man bei 66 Prozent aller PatientInnen, bei 18 Prozent kam es zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen und in mehr als der Hälfte der Fälle war eine UAW Grund für die stationäre Aufnahme. Ergebnisse mit vergleichbaren Daten liefern etliche internationale Studien. Positiv zu vermerken ist, dass mittlerweile zahlreiche Krankenhäuser, Apotheken und niedergelassene Ärzte mit Computerprogrammen arbeiten, die genau anzeigen, wie ein Medikament mit einem anderen interagiert. Was jedoch noch immer fehlt, ist die seit langem geforderte e-Medikation, eine für Mediziner und Patienten gleichermaßen einsehbare Liste verordneter Medikamente. Um die Medikationssicherheit zu steigern, spielt aber auch der Faktor Zeit eine große Rolle - darin sind sich Expertinnen und Experten einig. Zeit, in der Ärzte ausführlich mit ihren Patienten sprechen, über körperliche Beschwerden, psychische Probleme, Ess- und Trinkgewohnheiten sowie nicht zuletzt über notwendige und eventuell auch verzichtbare Medikamente.

Dieses Mal diskutiert Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger mit seinen Gästen über die Gefahren von Polypharmazie und darüber, durch welche Maßnahmen sich sowohl bei Medizinern als auch Patienten die Medikationssicherheit erhöhen lässt.

Eine Sendung von Mag.a Nora Kirchschlager
Redaktion: Dr. Christoph Leprich

Service

Dr. Gerald Bachinger, NÖ PatientInnen- und Pflegeanwalt, Sprecher der PatientenanwältInnen, im Vorstand der Plattform Patientensicherheit
Univ.-Prof.in Dr.in Regina Roller-Wirnsberger, FÄ für Innere Medizin, MedUni Graz, Uniklinik für Innere Medizin, Professorin für Geriatrie, Präsidentin der Österr. Gesellschaft für Geriatrie und Gerontologie
Prof. Dr. Dr. Ingolf Cascorbi, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Leiter des Instituts für Experimentelle und Klinische Pharmakologie

17.9.2016 - 2. Internationaler Tag der Patientensicherheit
Plattform Patientensicherheit Österreich
Aktionsbündnis Patientensicherheit - Verein aus Deutschland
Stiftung Patientensicherheit Schweiz
Deutscher Preis für Patientensicherheit ausgeschrieben
Arzneimittelinteraktionen - Prinzipien, Beispiele und klinische Folgen (Artikel von Prof. Cascorbi)
Wechselwirkungs-Check
Unerwünschte Wechselwirkungen vermeiden
Top 10 der Arzneimittelinteraktionen
Klinik für Klinische Pharmakologie und Toxikologie, UniversitätsSpital, Zürich - Klinisch relevante unerwünschte Arzneimittelinteraktionen
Klinisch relevante Wechselwirkungen - Wechselwirkungen zwischen pflanzlichen und synthetischen Arzneistoffen - Vortrag von Würzburger Pharmazeuten Dr. Unger
Zu Wechselwirkungen in der kardiovaskulären Therapie - Charité Berlin
Studie an Uni Witten/Herdecke - Potentiell inadäquate Medikation für Ältere - PRISCUS II / RIME-Studie
Polypharmazie bei geriatrischen Patienten - Uni Chur

Sendereihe