Gedanken für den Tag

29. November 2016, 06:56

Ein bissl blöd ist es schon - ich muss fast über den Bettler drübersteigen, um an meinen Glühwein zu kommen. Muss der denn ausgerechnet da sitzen, wo andere sich amüsieren wollen? Wo es gilt, sich den Vorweihnachtsstress mit ein oder zwei Bechern von der Seele zu trinken? Also gut, ich bin ja kein Unmensch, und Advent hat ja auch irgendwas mit Teilen zu tun. Ein paar Zehnerln in den Hut geschmissen und - und nix. Der bedankt sich nicht einmal anständig. Da kann man mal wieder sehen. Das gemurmelte "undankbar auch noch" findet durchaus den Beifall der umstehend Schwankenden. Darauf lasst uns noch einen trinken, Freunde. Die Zeiten sind schließlich, allen politischen Bemühungen zum Trotz, hart.

Ja. Sind sie. Hammerhart sogar. Vor allem für die, deren Armut nicht so ohne weiteres sichtbar ist. Die in kalten Wohnlöchern sitzen und überlegen, wie sie ihren Kindern vielleicht doch eine Freude machen können. Natürlich gibt es eine Fülle von großartigen Spendenaktivitäten, die zuerst die Seele und dann das Börsel öffnen. Charity ohne Ende. Kein Club, der nicht seinen eigenen Stand hätte und den Erlös der Geselligkeit dem guten Zweck zuführte. Trinken wir auf den Frieden und gegen das Elend!

Gleichzeitig wächst das Unbehagen, und an manchen Tagen ist es nicht so einfach, dem Gewissenswurm auszuweichen. Bedeutet die Zahlscheinspende nun Engagement oder Sichloskaufen? Zuwendung gegenüber denen, die ein verschwendungssüchtig daher donnernder Advent schonungslos mit ihrem Ausschluss aus der Konsumwelt konfrontiert - oder doch eine Art weltlicher Absolution von den katholisch gelernten Wurzelsünden Habsucht und Unmäßigkeit?

Schwer zu sagen. Aber ich nehme mir vor: vielleicht beim nächsten Mal statt eines hingeschmissenen Zehnerls einen Zehner, garniert mit einem freundlichen Wort. Es hilft beim Warten auf die bessere Welt. Beiden.

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Sendereihe

• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler