Werkbundsiedlung

APA/GEORG HOCHMUTH

Betrifft: Geschichte

Eine Antwort auf Nahrungs- und Wohnungsnot: Die Siedlerbewegung. Mit Kurt Bauer, Historiker, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Ludwig Boltzmann Institut.
Gestaltung: Rosemarie Burgstaller & Robert Weichinger

Angetrieben von der sich zunehmend verschlechternden Nahrungsmittelversorgung und der prekären Wohnungslage in Wien begannen Stadtbewohner/innen gegen Ende des Ersten Weltkrieges in den Außengebieten Grundflächen zu besetzen, zu roden, mit Hütten zu bebauen und mit Obst- und Gemüseanbau zu bewirtschaften. Aus diesen wilden Landbesetzungen in Form von "Bretteldörfern" entstand Anfang der 1920er Jahre eine genossenschaftlich organisierte Siedlerbewegung mit zahlreichen Verbänden der unterschiedlichsten sozialen und ideologischen Gruppen. Die damalige Wohnbaubewegung "von unten" hat bis heute unübersehbare Spuren in Wiener Stadtgebieten hinterlassen, etwa 50 Siedlungsanlagen mit 15.000 Wohneinheiten - meist in Reihenhausarchitektur - sind innerhalb weniger Jahre entstanden.

Die meisten der illegalen Grundstücksbesetzungen sind in den ersten Jahren von der Gemeinde Wien toleriert und später legalisiert worden, indem Parzellen für die Errichtung von Wohnbauten umgewidmet wurden, dies nicht zuletzt unter dem Druck mehrerer Großdemonstrationen. Mit dem 1921 von der Stadtverwaltung als selbstständige Magistratsabteilung begründeten Siedlungsamt und einem eigens eingerichteten Siedlungsfonds wurde schließlich die öffentliche Unterstützung in Form von Grund- und Kreditvergaben, dem Ausbau der Infrastruktur sowie der Koordinierung der einzelnen Siedlungsgenossenschaften strukturiert. Das Konzept der in den frühen Jahren der Ersten Republik errichteten Genossenschaftsverbände lautete, Wirtschaftlichkeit auf kleinstem Raum und zweckmäßige Lösungen. Die Häuser sollten nicht teuer und serienmäßig herstellbar sein. Die Siedlerbewegung war von Solidarität und Arbeitsteilung getragen, sie versuchte im wohnkulturellen und sozialen Bereich sowie in der Lebensgestaltung neue Wege zu gehen. Dabei standen Selbsthilfe und Selbstorganisation jenseits kapitalistischer Zwänge im Mittelpunkt. Die Häuser der Siedlungen wurden gemeinsam erbaut und danach zugelost.

Auf eine einheitliche Konzeption der Siedlung wurde Wert gelegt, ein egalitärer Ansatz bestimmte die ästhetische Gestaltung.

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