TANYA TRABOULSI
Da capo: Tonspuren
"Ich habe das Böse gesehen". Die libanesische Schriftstellerin und Malerin Etel Adnan. Ein Porträt von Eva Roither
16. März 2017, 16:00
Die Auseinandersetzung mit Krieg und Gewalt sowie die Erfahrung, sich in vielen Sprachen und Kulturen einzurichten, haben das Leben von Etel Adnan geprägt.
1925 ist sie in Beirut geboren, als Tochter eines muslimischen Syrers und einer christlich-orthodoxen Griechin. Zu Hause spricht man Türkisch, Griechisch und Arabisch. In der Schule hingegen lernt sie Französisch, da der Libanon französisches Mandatsgebiet ist. Arabisch zu sprechen, wird den Kindern nicht erlaubt. "Wir wussten viel über die Berge und Flüsse Frankreichs", erzählt sie später "aber wie das nächstgelegene libanesische Dorf hieß, wussten wir nicht".
Sie studiert in Paris, später in den USA. Englisch wird zu ihrer bevorzugten Sprache. Sie beginnt zu schreiben: Gedichte gegen den Vietnamkrieg im Zuge der amerikanischen Poetry-Bewegung. In den 1970er Jahren kehrt sie in ihre Geburtsstadt Beirut zurück. Das Engagement der USA für Israel im Nahostkonflikt ist ein Grund für ihre Rückkehr. "Erst in Amerika wurde ich zur Araberin", bekennt sie. Doch im Libanon bricht der Bürgerkrieg aus, der 15 Jahre dauern sollte. Die Erfahrung dieses Krieges findet Eingang in den berühmten und in viele Sprachen übersetzten Roman "Sitt Marie-Rose" sowie in dem Poem "Arabische Apokalypse", das im Suhrkamp Verlag in deutscher Sprache erschienen ist.
Heute lebt Etel Adnan in Sausalito (Kalifornien), Paris und Beirut. Und bis heute bilden die kriegerischen Auseinandersetzungen im arabischen Raum eine Konstante in ihrem Schreiben.
Service
Buchtipps:
"Jahreszeiten", Edition Nautilus
"Reise zum Mount Tamalpais", Edition Nautilus
"Sitt Marie-Rose", Suhrkamp Verlag
"Arabische Apokalypse", Suhrkamp Verlag
"Im Herzen des Herzens eines anderen Landes", Suhrkamp Verlag
"Paris, Paris", Suhrkamp Verlag
"Hommage to Etel Adnan", The Post-Apollo Press