Vom Leben der Natur
Gletscher als Klimaarchive
Klimaarchiv Eis.
Die Glaziologin Andrea Fischer über österreichische Gletscher - eine Sendung zur ORF-Initiative "Mutter Erde - zum Thema Klima".
Teil 2: Schwankungen und Gleichgewicht
Gestaltung: Lothar Bodingbauer
30. Mai 2017, 08:55
Die österreichischen Gletscher gehören weltweit zu den am besten untersuchten. Sie werden seit mehr als hundert Jahren systematisch vermessen, um Gletschertagebücher zu erstellen. Das Klima im Hochgebirge bestimmt die Ausdehnung der Gletscher.
Fast alle Gletscher in Österreich waren in der sogenannten "kleinen Eiszeit" vor etwa 150 Jahren doppelt so groß wie heute. 900 Gletscher gibt es heute noch in Österreich. Sie sind kleinflächig, zerrissen, nur wenige haben gut sichtbare "Zungen" auf der Talseite, an denen man das Abschmelzen des Eises beobachten kann. 30 österreichische Gletscher werden mit mehr als 5 km2 Eisfläche als "groß" bezeichnet.
Gletscher sind Grenzflächen zwischen Erde und Atmosphäre. Je nach ihrer Oberflächenbeschaffenheit können sie viel oder wenig Sonnenenergie aufnehmen, was zu einem Schmelzen des gefrorenen Wassers führt. Als "Firn" wird dabei jener Schnee bezeichnet, der mehrere Jahre überdauert und innerhalb von etwa 30 Jahren zu Eis wird. Dieses Eis ist verformbar, plastisch, wenn es über Kuppeln zu Tal fließt, bilden sich Spalten. Das Gletschereis ist bei österreichischen Gletschern bis 200m tief.
Je nach Temperatur der Atmosphäre, der Sonneneinstrahlung und der Beschaffenheit der Gletscheroberfläche nimmt die Gletschermasse zu, oder der Gletscher "zieht sich zurück". Diese Bezeichnung ist eigentlich irreführend. Der Gletscher fließt immer nur nach unten. Wenn aber unten an der Zunge mehr Eis schmilzt, als oben nachgebildet wird, wandert die Gletscherzunge und damit das sichtbare "Ende" des Gletschers nach oben.
Wie Jahresringe lagern sich die Bedingungen der Atmosphäre am Gletscher in regelmäßiger Abfolge an. Es entsteht ein Klimaarchiv. Durch Lufteinschlüsse lassen sich auch vergangene Atmosphärenzustände analysieren. Schadstoffe, Saharastaub, organische Materialien werden ebenso im Eis gespeichert.
Über die Zusammensetzung der Isotope des Wassers kann auf die Herkunft des Gletscherwassers geschlossen werden. So können Klimamodelle vergangener Zeiten erstellt werden, die Ausblicke auf die Zukunft ermöglichen.
Das Bild vom Gletscher selbst hat sich immer schon gewandelt. Die letzte große Eiszeit liegt etwa 10.000 Jahre zurück. In diesem Zeitraum haben die Menschen die Alpen besiedelt, das Eis ist zurückgegangen, mit Tieren und Jagd wurde der "Lebensraum Alpen" erobert.
Service
INTERVIEWPARTNERIN:
Dr. Andrea Fischer
Institut für Interdisziplinäre Gebirgsforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Leiterin des Gletschermessdienstes des Österreichischen Alpenvereins
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