Natur, nackte Expression und Argentinische Atmosphäre

31. Mai 2017, 14:05

Kunst als Natur

Künstlich-kunstvoll hergestellte Natürlichkeit bietet die Orchestersuite "Die Vögel" des 1879 in Bologna geborenen, in Rom 1936 verstorbenen Ottorino Respighi. Bei Giuseppe Martucci hatte er studiert, später bei Max Bruch in Berlin und bei Rimski-Korsakow während Besuchen in Russland (1900-03). Von ihm, von Ravel und Richard Strauss hat er sich einige Effekte abgeschaut, auch von Strawinsky. Aber nicht die berühmteren Orchesterwerke "Le fontane di Roma" (1916), "I pini di Roma" (1924) oder die" Feste romane'" (1928) hören wir, sondern ein Beispiel für Respighis Interesse an früher (oder alter) Musik: "Gli uccelli". Großen Erfolg hatte Respighi mit seinen "Antiche danze ed arie per liuto" bereits 1917 bzw. 1923 gefeiert, also nahm er sich 1926/27 barocke Musik vor, die Vogelstimmen imitierte.

Mozarts nackte Expression als Füller

Das 22. Klavierkonzert entstand im Winter 1785 in Wien während der Arbeit an seiner Oper "Le Nozze di Figaro". Das Klavierkonzert wurde wenige Tage vor seiner Uraufführung im Dezember in Wien fertig und gleichsam als Zwischenaktmusik des Oratoriums "Esther" von Carl Ditters von Dittersdorf im Wiener Burgtheater am Michaelerplatz aufgeführt. Den Mittelsatz musste Mozart wiederholen. Vater Leopold berichtete, sein Sohn habe "ein neues Clavier-Concert ex Eb gemacht, wo er (das etwas seltsammes ist) das Andante repertieren mußte." Der Musikwissenschafter Alfred Einstein wollte in diesem Andante "die nackte Expression" hören, "beinahe eine Exhibition der Trauer, des falschen Trostes, der Verzweiflung, der Resignation."


Argentinische Atmosphäre

Die Uraufführung des letzten Werkes im heutigen Ö1-Konzert fand 1953 in Buenos Aires statt. Niemand Geringerer als Igor Markevitch stand am Pult. Er dirigierte "Variaciones Concertantes" von Alberto Ginastera. Einen sehr typisch "Argentinischen Charakter" haben diese Variationen, so der 1983 im Alter von 73 verstorbene Komponist. Aber statt folkloristisches Material zu verwenden zaubere er "Argentinische Atmosphäre", indem er " eigene thematische und rhythmische Elemente" verwende.
Ein Originalthema, dem elf Variationen folgen, eingefärbt von je einem Instrument. Alle Instrumente werden solistisch gefordert. Wenn man sich zu Beginn an Gitarrenmusik erinnert fühlt, so kommt das nicht von ungefähr - die Gitarre-Saiten E, A, D, G, H, und wieder E, sind bestimmend - diese Tonfolge erklingt unter und hinter dem Solo-Cello, und sie bestimmt auch die Tonartenfolge. Zwei Zwischenspiele, eins für Streicher, eins für Bläser, und Variationen für die Flöte ("Variazione giocosa"), der "in modo di Scherzo" die Klarinette folgt; ihr schließt sich eine Elegie für die Bratsche an ("Variazione drammatica"); ihr antwortet ein Duett der Oboe und des Fagotts, dann gleich noch eins für Trompete und Posaune ("Variazione ritmica") und ein sehr bewegter Violinenabschnitt. Eher pastorale Variationen fürs Horn gehen der Schlussvariation fürs ganze Orchester ("in modo di Rondo") voraus: ein Malambo, der wilde Tanz der Gauchos, der einen wieder so wunderbar unruhig werden lässt.

Sendereihe

• Das Ö1 Konzert

Gestaltung

• Peter Kislinger