Mode in Musik und le week-end

3. Juni 2017, 13:00

Ein schlichter weißer Arbeitsmantel und ein frisch gestärktes weißes Spitzenhemd: In diesem modischen Spannungsfeld bewegen wir uns heute. Fürs Spitzenhemd wird Francois Couperin zuständig sein, aber den weißen Arbeitsmantel des bewusst stolzen "white collar workers" auf die Bühne gebracht hat der Jazztrompeter Lester Bowie. Mode als politisch-künstlerisches Statement, der Jazzmusiker als Ingenieur.

Heute gönnen wir uns die Freude hedonistischer Oberflächlichkeit und gehen bestens gekleidet ins Wochenende. Den weißen Arbeitsmantel des Lester Bowie legen wir deswegen schnell wieder ab. Jetzt hilft uns ein wahrer Experte in Sachen Stil ins maßgeschneiderte Gewand. Fred Astaire, einer der bestangezogenen Männer der Filmgeschichte, assistiert, und zeigt auch gleich, wie man das elegante Darüber richtig trägt. Denn wenn sich einer so bewegen kann, ist die perfekte Kleidung nur noch das i-Tüpfelchen des Auftritts. Fred Astaire tanzt scheinbar schwebend durch den Äther, ausgestattet mit Zylinder, weißer Krawatte und Frack. Top Hat, White Tie and Tails.

Das sich selbst Inszenieren ist aber von kaum jemandem so virtuos und hingebungsvoll gespielt worden, wie von Andy Warhol. Lange nach seinem Tod taten sich zwei alte Weggenossen noch einmal zusammen, um ein ganzes Album mit Songs zu Warhols Würdigung zu produzieren und selbstverständlich heißt eine der Nummer "Style It Takes". Lou Reed und John Cale beschwören, wie wichtig es ist, seinen Stil zu wahren. Reed & Cale, Style It Takes

Wahrscheinlich gab es kaum eine Periode in der europäischen Kulturgeschichte, in der das Sich-Stilisieren so wichtig war, wie die von Louis Quatorze in Paris und vor allem Versailles. Männer - und wir denken hier nicht an Königinnen oder Gouvernanten, sondern an Komponisten - also Männer trugen beispielsweise taillierte faltige Röcke und darunter eine Rockhose. Und Jahr für Jahr wurde die Stilisierung pathetischer und herausfordernder. Knielange, in der Taille betont enge Röcke wurden modisch, mit breiten Ärmelaufschlägen und wuchtigen Seitentaschen. Die Hosen wurden ebenfalls enger und unterhalb der Knie abgebunden. Dazu dreifach aufgeschlagene Hüte, sowie Schuhe, natürlich mit Absatz, Schnalle und Lasche. Und vor allem: Die Männerperücken wuchsen. Die sogenannten Allongeperücken wurden zu beeindruckend stilisierten Löwenmähnen. Der bedeutendste Hofkomponist dieser Jahre war ein Mann, in dessen Musik sich all das spiegelt: Die Hyperstilisierung und exquisite Verzierungskunst; die wie unter Verschluss gehaltene und dennoch tiefgreifende Emotion; das Benötigen von Zeit, um gewisse gesellschaftliche Rituale auch zur Wirkung kommen zu lassen. Eine Gambensonate nun, zuerst die "Pomp Funebre" - in Wien als die Zeiten überdauernd habender Begriff noch wohlbekannt - und dann als schnelles Abschlussstück die "Chemise Blanc", das eingangs der Sendung schon versprochene, elegante, schnittige, weiße, gestärkte Oberhemd.

Sendereihe

• Le week-end

Gestaltung

• Elke Tschaikner
• Christian Scheib