Johanna Schwanberg

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Gedanken für den Tag

Johanna Schwanberg über die Liebe

"Zum Frühlingsbeginn" - Bilder der Liebe. Johanna Schwanberg, Direktorin des Dommuseum Wien, spürt dem Phänomen der Liebe in der Kunst nach. - Gestaltung: Alexandra Mantler

Es ist ein Bild, das mich aus zwei Gründen fesselt. Zum einen, weil es mich daran erinnert, wie schwierig es Frauen jahrhundertelang hatten, wenn sie Liebe, Familie und Beruf verbinden wollten. Zum anderen, weil es eine ungeschönte Auseinandersetzung mit dem alternden weiblichen Körper ist. Ein Thema, das in der auf Schönheit und Jugend ausgerichteten Mediengesellschaft leider tabuisiert wird.

Allein der Titel beschönigt gar nichts. Denn das Bild heißt "Illusion von den versäumten Heiraten." Gemalt hat es die Grande Dame der österreichischen Malerei, Maria Lassnig, im Jahr 1997. Die 2014 verstorbene Künstlerin hat sich in diesem Bild unverkennbar selbst dargestellt. Mit nacktem, faltigem Oberkörper blickt sie - damals schon fast 80 - aus dem Bild. Der Mund ist geöffnet, so als würde sie sprechen wollen. In den Armen hält sie einen kleinen Menschen. Es könnte ein Säugling sein, dem Titel nach auch ein Mann in Miniaturgröße.

"Ich kann nur raten, nicht als Frau geboren zu werden", sagte Maria Lassnig einmal zu mir. Sie sprach damit ihre schwierige Situation in der männerdominierten Kunstwelt der Nachkriegszeit an. Ein Leben als Ehefrau und Mutter war für sie mit einem Künstlerdasein nicht vereinbar. Lassnig hat sich für die Malerei entschieden. Und sie hat sich mit unermüdlichem Einsatz und herausragenden Werken durchgesetzt. Im Jahr 1980 übernahm sie eine Meisterklasse an der damaligen Hochschule für angewandte Kunst - als erste weibliche Professorin für Malerei im deutschsprachigen Raum.

Ich selbst bin froh, dass ich in einer Zeit lebe, in der es möglich ist, als Frau verheiratet zu sein, eine Familie zu haben und beruflich äußerst aktiv zu sein. Leicht ist es dennoch nicht, wie ich als Mutter zweier Kinder tagtäglich erfahre. Aber das gilt mittlerweile auch für Männer, wenn sie "halbe-halbe" wirklich leben.

Service

Dom Museum Wien

Kostenfreie Podcasts:
Gedanken für den Tag - XML
Gedanken für den Tag - iTunes

Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Zbigniew Preisner/geb.1955
Gesamttitel: TROIS COULEURS: BLANC / Original Filmmusik
Titel: Morning at the hotel
Anderer Gesamttitel: DREI FARBEN: WEISS / Original Filmmusik
Ausführende: The String Sextett
Ausführender/Ausführende: Zbigniew Paleta /Violine
Länge: 02:00 min
Label: Virgin 394722

weiteren Inhalt einblenden