AP/CTK/ROMAN VONDROUS
Salzburger Nachtstudio
Es ist ein Schnitter, der heißt Tod ...
Der Dreißigjährige Krieg und die Räume der Gewalt.
Gestaltung: Martin Haidinger
18. April 2018, 21:00
Noch heute gilt der Begriff "Dreißigjähriger Krieg" als Metapher für die Schrecken des Krieges schlechthin. Es war der längste und blutigste bewaffnete Religionskonflikt der Geschichte. Dabei war, als am 23. Mai 1618 protestantische Aristokraten die Statthalter des römisch-deutschen Kaisers Ferdinand II. aus den Fenstern der Prager Burg stürzten, kaum abzusehen, was folgen sollte: ein Flächenbrand, der erste im vollen Sinne "europäische Krieg".
Ein Drittel der Bevölkerung Mitteleuropas, des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation, raffte er dahin, und es dauerte nach dem Ende 1648 noch ein gutes halbes Jahrhundert, bis die sichtbaren Wunden in Stadt und Land vernarbt waren. Aus dem kollektiven Gedächtnis ist der Dreißigjährige Krieg zwar entschwunden, aber die "Räume der Gewalt" der folgenden Kriege lassen die Menschheit weiterhin schaudern vor dem Phänomen des Mordens und Brennens.
Warum tun Menschen einander überhaupt Gewalt an? In seiner eindringlichen und vieldiskutierten Studie "Räume der Gewalt" zeigt der Berliner Historiker Jörg Baberowski, warum ein Ende der Gewalt so schwer zu erreichen ist.
Eigentlich sehnt jede Erklärung, die sie fassbar machen will, zugleich ihr Ende herbei. Das Leben soll schöner werden, und die Gewalt aus ihm verschwinden. Doch war und ist sie dennoch eine für jedermann zugängliche und deshalb attraktive Handlungsoption, und kein "Betriebsunfall" oder "Extremfall". Wer wirklich wissen will, was geschieht, wenn Menschen einander Gewalt antun, muss eine Antwort auf die Frage finden, warum Individuen Schwellen überschreiten und andere verletzen oder töten.
Im Gespräch mit Martin Haidinger legt Jörg Baberowski dar, warum die Abwesenheit von Gewalt sowohl Sehnsucht als auch Utopie bleiben muss.