Allen Ginsberg - ASSOCIATED PRESS
Tonspuren
Allen Ginsberg: Das Genie der melancholischen Tränen
Das Genie der melancholischen Tränen. Porträt des amerikanischen Dichters Allen Ginsberg. Feature von Christian Loidl
17. Juli 2018, 16:05
Im Oktober 1955 wurde Allen Ginsberg mit der ersten öffentlichen Lesung seines Gedichtes "Howl" in San Francisco auf einen Schlag zum Wortführer einer ganzen Generation. Einer Jugend, die mit Jazz, Marihuana, sexueller Freizügigkeit und einem Hang zur Mystik das puritanische Amerika erzittern ließ.
"Nicht Ressentiments" seien hinter dem Freiheitsbegriff der Beat Generation gestanden, sagt Ginsberg in diesem historischen Tonspuren-Interview aus dem Jahr 1991, "sondern Offenheit, Begeisterung, Humor - eine Ausweitung, nicht eine Verneinung". Mitte der 1940er Jahre war der Mann aus New Jersey auf Jack Kerouac und William S. Burroughs gestoßen, die Keimzelle der Beat Generation. Bereits in den 50er Jahren experimentierte er mit Drogen, ließ Haare und Bart sprießen, nahm Schülerstunden beim tibetischen Lama und verkündete, dass es beim Schreiben immer um persönliche Erfahrungen gehen müsse.
Über fast vier Jahrzehnte galt er als der intellektuelle und dichtende Kopf der US-amerikanischen Gegenkultur. Ginsberg war die Seele der Anti-Vietnam Proteste, er engagierte sich gegen Atomwaffen und gegen die Umweltzerstörung und kämpfte gegen die Diskriminierung Homosexueller. 1997 starb der Erfinder des Begriffs "Flower Power", 70jährig, in New York.