Filmstill aus "Angelo"

VIENNALE

Punkt eins

"Es liegt immer an den anderen, wer wir für sie sind"

Angelo Soliman, der Afrikaner in Wien.
Gäste: Markus Schleinzer, Regisseur; Walter Sauer, Professor am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Universität Wien.
Moderation: Andreas Obrecht.
Anrufe kostenlos aus ganz Österreich unter 0800 22 69 79

In den 20er Jahren des 18. Jahrhunderts wird er als etwa siebenjähriger Knabe aus Westafrika verschleppt, tritt 1735 in den Dienst des Fürsten Lobkowitz ein, wird ab 1754 Kammerdiener des Fürsten Liechtenstein und am Wiener Hof als musikalisch und wissenschaftlich geschulter "Mohr" bestaunt und herumgereicht. Schließlich wird er aufgrund einer vorerst heimlichen Verehelichung aus fürstlichen Diensten entlassen - er stirbt als Hausbesitzer und wohlsituierter freier Mann 1796. Dennoch wird ihm die Haut abgezogen, präpariert und als Exponat zur Veranschaulichung des Ursprungs der Menschheit im Kaiserlichen Naturalienkabinett exotisch dekoriert zur Schau gestellt.

Die Geschichte des Angelo Soliman ist in unzähligen Varianten erzählt und interpretiert worden - diente als Beispiel für gelungene kulturelle Anpassung ebenso wie als Beispiel einer gnadenlosen Unterwerfung unter das Diktat der Herrschenden. In theatralisch stilisierten und zumeist ruhigen Bildern bringt der österreichische Regisseur Markus Schleinzer die Lebens- und Liebesgeschichte des Angelo Soliman in die heimischen Kinos. Ein Film, der mit Identitäten spielt und die Frage nach Knechtschaft und Befreiung aus struktureller Gewalt aufwirft. Wer ist ohnmächtiger - die Beherrschten oder die Beherrschenden?

Welche historische Wahrheit kann ein Film überhaupt erzählen? Welche Ereignisse der Gegenwart lassen sich in den Ereignissen von damals wiederfinden? Welche Art von Exotismus begründet auch heute noch die scheinbare Überlegenheit bestimmter sozialer Klassen und auch religiöser Vorstellungen? Fasziniert uns das Fremde, weil wir uns dadurch vertrauter werden?

Regisseur Markus Schleinzer und der Historiker Walter Sauer, der die Produktion des Films wissenschaftlich beraten hat, sind zu Gast bei Andreas Obrecht. Reden Sie mit: Rufen Sie in der Sendung an unter 0800 22 69 79, oder schreiben Sie ein E-mail an punkteins(at)orf.at.

Service

"Angelo" von Markus Schleinzer, Kinostart in Österreich 9.11.
"Angelo" auf der Viennale

Philipp Blom, Wolfgang Kos (Hrsg.): Angelo Soliman - Ein Afrikaner in Wien. Verlag Christian Brandstätter, Wien 2011.

Walter Sauer: Expeditionen ins afrikanische Österreich. Ein Reisekaleidoskop. Mandelbaum Verlag, Wien/Berlin 2014.

Sendereihe

Playlist

Urheber/Urheberin: Domenico Scarlatti
Sonate in d-Moll, K. 517, L. 266
* Prestissimo
Ausführender/Ausführende: Elaine Comparone
Länge: 03:04 min
Label: Novotny & Novotny Filmproduktion/Amour Fou

Urheber/Urheberin: Alessandro Costantini
Titel: Confitemini Domino
Ausführender/Ausführende: Chor: Charel Breisch, Adrien Darras, Benedikt Gebhard, Christos Giannoplidis, Jérôme Paschoud, Tugdual Portier, Yorrick Reuter, Clément Rousseau, Théodore Tavernier
Unter der Leitung von: Pierre Nimax
Länge: 01:31 min
Label: Novotny & Novotny Filmproduktion/Amour Fou

Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Apostolo Zeno
Komponist/Komponistin: Geminiano Giacomelli
Titel: Sposa, non mi conoci / Arie aus "Merope"
Solist/Solistin: Nikos Charalampous, Countertenor
Solist/Solistin: Alessandro Urbano, Cembalo
Länge: 00:40 min
Label: Novotny & Novotny Filmproduktion/Amour Fou

Urheber/Urheberin: Domenico Scarlatti
Titel: Sonate in B-Dur, K. 545, L. 500
Ausführender/Ausführende: Elaine Comparone
Länge: 01:22 min
Label: Novotny & Novotny Filmproduktion/Amour Fou

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