Straßenschild mit der Aufschrift "Afrika"

APA/dpa-Zentralbild/Patrick Pleul

Tonspuren

Der Chronist des Aschanti-Fiebers

Das Ashanti-Fieber. Peter Altenberg und die Wiener Völkerschau 1896. Von Johannes Gelich.

Im Sommer 1896 wird die Stadt Wien von einem regelrechten Ashanti-Fieber erfasst. Tausende Besucher strömen an den Sonntagen in den Tiergarten am Schüttel, um dort die 60 "ausgestellten" Menschen aus dem afrikanischen Stamm der Ashanti zu bestaunen. Im Vorfeld wurde für die Völkerschau eigens ein afrikanisches Dorf mit strohgedeckten Hütten und offenen Werkstätten aufgebaut.

Man bestaunt die afrikanischen Gruppentänze oder den Fetisch-Priester-Tanz, Werkzeuge und Handwerkskünste der Afrikaner und Afrikanerinnen. Vor allem aber werden die ausgestellten Körper inspiziert und begutachtet, zum Teil auch berührt, was mitunter zu wilden Tumulten führt.

Einer der zahlreichen Besucher ist der Dichter Peter Altenberg, der sich ganze Tage und Nächte in den Zelten der Afrikaner, und vor allem Afrikanerinnen aufhält. Er dokumentiert seine täglichen Besuche bei den Ashantis, lernt ihre Sprache, isst mit ihnen - und verliebt sich. Die Zurschaustellung von fremden Völkern im Wiener Tiergarten erfreute sich zur damaligen Zeit großer Beliebtheit und offenbarte den kolonialistischen und rassistischen Blick, der von der damaligen Gesellschaft auf exotisch anmutende Völker geworfen wurde.

Der Dichter Peter Altenberg versuchte diesem menschenverachtenden Blick den Spiegel vorzuhalten und kritisierte in seinem 1897 erschienen Buch "Ashantee" die Haltung vieler Wiener und Wienerinnen. Doch auch sein Blick auf die "ausgestellten" Afrikaner/innen war von einer voyeuristischen, kolonialen Haltung geprägt, indem er auf die natürliche, wilde Unverfälschtheit und Schönheit der Afrikanerinnen fixiert war.

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  • Johannes Gelich

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