Ultra-orthodoxe Juden

AFP/MENAHEM KAHANA

Gedanken für den Tag

David Weiss über Purim

Purim oder: "Bis man nicht mehr weiß". David Weiss, Schriftsteller, über - auch persönliche - Erinnerungen zum jüdischen Glücksfest. - Gestaltung: Alexandra Mantler

Purim bedeutet Losentscheid. Der böswillige persische Regierungschef Haman warf das Los, um den Tag zu ermitteln, an dem das jüdische Volk vernichtet werden sollte. Zum ersten Mal in den Heiligen Texten wurde das Unheil nicht durch göttliches Eingreifen abgewendet, sondern durch das vernünftige Handeln des Juden Mordechais und seiner Adoptivtochter, der Königin Ester.

Noch zwei Jahrtausende später laden sich Menschen zum Essen ein, bereiten sich auf geschmückten Purimtellern Geschenke und vergessen darüber die Armen nicht. Tzedakah heißt das Gebot zur Wohltätigkeit. Als Almosengebot Zakat wurde es die zweitbedeutendste der fünf Säulen des Islam. Das religiöse Gebot erfüllt die Aufgaben solidarischer Sozial- und Krankenversicherung.

In den USA, wo meine Frau und ich seit zwei Jahren leben, betreiben die römisch-katholische Kirche und andere karitative Konfessionen die meisten Krankenhäuser und Schulen. Aber für die Mehrheit der Wahlberechtigten gelten staatliche Sozialversicherung und Health Care als vom Gottseibeiuns und Kommunismus. Moderne Zyniker erklären die religiösen Gebote als scheinheiligen Ausweg, um sich vom Anblick des Elends nicht die Freude am eigenen Leben verderben zu lassen. Falls das die einzige Motivation wäre, immer noch besser als nichts zu tun.

In den USA sehe ich orthopädische Fehlstellungen, fehlende Zähne und vieles mehr, was aus dem europäischen Straßenbild jahrzehntelang verschwunden war. Kranke Männer und Frauen werden erst süchtig, dann obdachlos, oft kriminell und in weiterer Folge sterben sie. Das Leben hat auch über mich das Los geworfen. Eine unheilbare, progressive und chronische Krankheit. Ich weiß aus Erfahrung, keine private Pflege- oder Zusatzversicherung, kein fleißiges Arbeiten ein Leben lang, kann die Kosten einer chronischen Krankheit und Behinderung decken. Nur die Bereitschaft der Glücklichen, ihre Freude mit den Kranken und Elenden zu teilen.

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Unbekannt
Bearbeiter/Bearbeiterin: Roy Henley
Album: MIDDLE EAST / ARABIA / IRAN / ISRAEL
Titel: Evening in Tel Aviv/instr.
Arabien
Ausführende: Unbekannt
Länge: 02:38 min
Label: Sonia CD77092

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