AP/MATTHIAS SCHRADER
Radiokolleg - Orlando di Lasso
Der Musikerfürst der Hochrenaissance (3). Gestaltung: Verena Gruber
13. Juni 2019, 09:45
Orlando di Lasso war einer der vielseitigsten und erfolgreichsten Komponisten des 16. Jahrhunderts. Als Meister der franko-flämischen Vokalpolyphonie war er in ganz Europa bestens bekannt und bewundert. Viele seiner Chansons hätten es im 16. Jahrhundert in die Charts geschafft, derart populär war seine Musik. Von seinen Fans wurde Orlando di Lasso als "princeps musicorum", als Fürst der Musiker bezeichnet. Sein kompositorisches Spektrum übertrifft in seiner Vielseitigkeit alle Musiker seiner Zeit: Er komponierte deutsche Lieder, Musik für die Liturgie und für weltliche Repräsentationszwecke, er beherrschte viele Stile und viele Sprachen. Orlando di Lasso war ein Kosmopolit und ein Mann der Superlative: Kein anderer Komponist seiner Zeit erreichte mehr Drucke, er war der am besten bezahlte Komponist in der Renaissance, sein Leben und Werk war besser als das anderer Musiker dokumentiert; bereits zu Lebzeiten erschien eine Biografie über ihn. Orlando di Lasso galt als ungestümer, extremer und hochemotionaler Zeitgenosse.
Wahrscheinlich um 1532 in Mons, im heutigen Belgien geboren, sang Orlando di Lasso als Kind in einem Chor und war bereits als Teenager weit gereist. Der Vizekönig von Sizilien, Ferrante Gonzaga, der sich 1544 im Flämischen aufhielt, nahm ihn als Chorsänger, seiner schönen Stimme wegen, mit nach Paris, Mantua, Palermo und Neapel. In Neapel lernte Orlando die dortige Volksmusik kennen, mit ihrem bunten Dialektgemisch und ihrer geistreichen Lebendigkeit, nach Art der Commedia dell' arte. Das war für ihn die erste Inspiration nach diesem Stil zu komponieren. Mit nur 22 Jahren erhielt er eine Anstellung an der Laterankapelle in Rom, der zweitbedeutendsten Kirche Italiens nach dem Petersdom. 1555 ging er nach Antwerpen, komponierte Motetten, Madrigale und Chansons, deren Drucke ihn international bekannt machten. Auch der junge Herzog Albrecht V. von Bayern wurde auf ihn aufmerksam. 1557 trat Orlando di Lasso in die Dienste Albrechts an den Hof in München. Er war zuerst Tenorist, dann Hofkapellmeister. Für die Fürstenhochzeit von 1568, bei der Wilhelm von Bayern, der Sohn des Herzogs Albrecht V. von Bayern mit der Prinzessin Renata von Lothringen getraut wurde, komponierte er die berühmte Hochzeitsmusik. Die Österreichische Nationalbibliothek in Wien bewahrt in einer Prachthandschrift von 15 kunstvoll verzierten Pergamentblättern die Abschrift der Hochzeitsmotette. Insgesamt 47 Jahre blieb Orlando di Lasso in seiner Anstellung am Hof in München. Als humanistisch gebildeter und souverän in aristokratischen Kreisen verkehrende Intellektueller pflegte er zeitgleich Beziehungen zu Fürstenhäusern in Italien, Paris, Wien, Baden und Schlesien. Als er 1594 starb, hinterließ er ein riesiges Ouvre an geistlicher und weltlicher Musik: Messen, Motetten, Magnifikat-Sätze, Passionen, Hymnen, Madrigale, Lieder und Chansons, über 2000 Werke.
Mit Giovanni Luigi da Palestrina wird Orlando di Lasso bis heute als Vollender der Renaissance Musik gefeiert
Service
Literaturliste:
Horst Leuchtmann, Die Münchner Fürstenhochzeit von 1568 - Massimo Troiano: Dialoge, München 1980.
Bernhard Rainer, Instrumentalisten und instrumentale Praxis am Hof Albrecht V. (1550-1579), Diss., Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (2018).
ders., Die Münchner Kantorei bei der Kammermusik - Mus.ms. A II(1, S. 187 (in Veröffentlichung in: Tagungsband Andacht - 'Repräsentation - Gelehrsamkeit. Der Bußpsalmencodex Albrechts V. (BSB München, Mus.Ms. A)').
Bernhard Rainer, Orlando di Lasso und die Münchner Hofkapelle, in: Cantare et sonare 1 (2015), S. 18/19.
Bernhold Schmid (Hrsg.), Orlando di Lasso in der Musikgeschichte. Bericht über das Symposion der Bayerischen Akademie der Wissenschaften München, 4.-6. Juli 1994. Bayer. Akademie der Wissenschaften, Phil.-hist. Kl., Abhandlungen, NF, Heft 111, München 1996. 276 S.
Bernhold Schmid, "... immer noch wenige Werke von Lassus." Zur Editionsgeschichte des Münchner Hofkapellmeisters. In: Reinmar Emans / Ulrich Krämer (Hrsg.), Musikeditionen im Wandel der Geschichte. Bausteine zur Geschichte der Edition 5, Berlin, Boston 2015, S.48-68
Bernhold Schmid, Orlando di Lasso (1530/32-1594). In: Katharina Weigand (Hrsg.), Große Gestalten der bayerischen Geschichte, München 2012, S.205-218.
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- Verena Gruber
Playlist
Komponist/Komponistin: Orlando di lasso
Titel: Domine, ne in furore tuo arguas me Nr.1
I: Collegium Vocale Gent
Label: Harmonia mundi
Komponist/Komponistin: Orlando di lasso
Titel: Beati quorum remissae sunt inquitates 2
I: Collegium Vocale Gent
Label: Harmonia mundi
Komponist/Komponistin: Orlando di lasso
Titel: Beati quorum remissae sunt inquitates 3
I: Collegium Vocale Gent
Label: Harmonia mundi
Komponist/Komponistin: Orlando di lasso
Titel: Miserere mei, Deus, secundum 4
I: Collegium Vocale Gent
Label: Harmonia mundi
Komponist/Komponistin: Orlando di lasso
Titel: Domine, exaudi orationem meam au
I: Dolce Risonanza
Länge: 16:01 min
Label: Pan Classi
Komponist/Komponistin: Orlando di lasso
Titel: Domine, ne in furore
I: Dolce Risonanza
Länge: 14:20 min
Label: Pan Classi