Zwei Touristinnen in Stockholm

AP/JESSICA GOW

Gedanken für den Tag

Arnold Mettnitzer über das Reisen

"Vom Reisen". Arnold Mettnitzer, Psychotherapeut und katholischer Theologe, führt diese Woche nach Amalfi, Lissabon, Santiago de Compostela, Stockholm, Moskau und Jerusalem. - Gestaltung: Alexandra Mantler.

Wer reist, mag vom Fernweh getrieben sein. Viele aber sind bei ihren Reisen ein Leben lang auf der Suche nach Heimat. Mascha Kaléko zum Beispiel, die liebenswerte Lyrikerin, deren Gedichte mich immer begleiten, wenn ich in Berlin oder Jerusalem bin.

1907 in Polen geboren, übersiedelt Mascha im Volksschulalter mit ihrer Mutter nach Frankfurt, zieht 1916 nach Marburg und schließlich 1918 nach Berlin.

Hier verbringt sie die glücklichste Zeit ihres Lebens. Hier heiratet sie den Hebräischlehrer Saul Aaron Kaléko und lernt im Romanischen Café gegen Ende der 20er-Jahre unter vielen anderen Else Lasker-Schüler und Joachim Ringelnatz kennen. 1933 publiziert sie das Lyrische Stenogrammheft, über das der wohl ein wenig in sie verliebte Martin Heidegger an sie schreibt: "(.) Ihr ,Stenogrammheft' sagt, dass Sie alles wissen, was Sterblichen zu wissen gegeben."

Auf der Flucht vor den Nationalsozialisten lebt sie 1942 bis 1957 in New York und wandert 1960 ihrem Mann zuliebe mit ihm nach Jerusalem aus. Dort aber lebt sie enttäuscht und einsam und leidet nach dem Tod ihres Mannes noch mehr unter der sprachlichen und kulturellen Isolation.

Im Herbst 1974 besucht sie die Stadt ihrer Jugend ein letztes Mal und denkt dabei darüber nach, in Berlin neben ihrem Domizil in Jerusalem eine Wohnung zu nehmen. Auf dem Weg zurück nach Jerusalem stirbt sie in Zürich. Eines ihrer Gedichte trägt den Titel: Heimweh, wonach?

"Wenn ich "Heimweh" sage, sag ich "Traum". / Denn die alte Heimat gibt es kaum.
Wenn ich Heimweh sage, mein ich viel: / Was uns lange drückte im Exil.
Fremde sind wir nun im Heimatort. / Nur das "Weh", es blieb. / Das "Heim" ist fort."

Service

Jutta Rosenkranz, "Mascha Kaléko. Biografie", Verlag dtv
Mascha Kaléko, "Mein Lied geht weiter. Hundert Gedichte", Verlag dtv

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Bearbeiter/Bearbeiterin: Michael Tilson Thomas /Klavier
Komponist/Komponistin: George Gershwin/1898 - 1937
Album: GEORGE GERSHWIN: THE 1920'S & THE 1930'S
Titel: Violin Piece - Gershwin Melody Nr.40 / Bearbeitung für Klavier
Solist/Solistin: Michael Tilson Thomas /Klavier
Länge: 03:45 min
Label: CBS MK39699

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