Altes Schild "Deutsche Demokratische Republik"

ORF/JOSEPH SCHIMMER

Radiokolleg - Es gab nicht nur eine DDR

Ansichten und Rückblicke aus dem deutschen Osten (4). Gestaltung: Renata Schmidtkunz

40 Jahre lang gab es sie - vor 30 Jahren nahm ihr Ende seinen Anfang: die Deutsche Demokratische Republik, kurz DDR. "Auferstanden aus Ruinen und der Zukunft zugewandt...", so lautete die erste Zeile der DDR-Hymne.

In der Sowjetischen Besatzungszone entstand am 7. Oktober 1949 eine antifaschistische, sozialistische "Diktatur des Proletariats", ein "Arbeiter- und Bauernstaat" nach sowjetischem Vorbild. Deutsche Kommunisten, die den Krieg entweder in den Gefängnissen der Nazis (wie Erich Honecker) oder im Moskauer Exil (wie Walter Ulbricht) überlebt hatten, waren die Gründerväter und -mütter. Nicht alle Bürgerinnen und Bürger wollten in einem kommunistischen Staat leben, viele Tausende verließen die "Zone" in den1950er Jahren.

Am 13. August 1961 wurde mit dem Mauerbau eine fast unüberwindbare Grenze gezogen - eine Grenze zwischen einem Kapitalismus amerikanischen Stils und einem Kommunismus sowjetischen Stils. Als am 9.November 1989 die Mauer in Berlin geöffnet wurde, waren Jahre der politischen Veränderungen in der Sowjetunion, aber auch in der DDR selbst vorangegangen. Gorbatschows "Glasnost und Perestroika" - "Offenheit und Umgestaltung" war grundsätzlich und radikal. In der DDR bildeten sich Gruppierungen von Menschen, die das veraltete System Erich Honeckers reformieren und demokratisieren wollten. Beide Bewegungen, die nicht unbedingt das gleiche Ziel verfolgten, brachten das Ende der DDR hervor. Mit der "Deutschen Einheit" vom 3.Oktober 1990 verschwand ein Land, das seine eigenen Strukturen hatte und das unterschiedlichste Biografien und Lebensläufe beheimatete.

Renata Schmidtkunz hat über Monate Gespräche mit Bürgerinnen und Bürgern der DDR geführt: mit einem Wirtschaftsspion der HVA und dem Direktor des Denkmalschutzes in Sachsen - Anhalt, der Publizistin Daniela Dahn und der Analytikerin Annette Simon, Tochter von Christa Wolf, mit einer Lehrerin aus Dresden und einer Literaturwissenschafterin der Akademie der Künste der DDR, mit dem Friedenspfarrer von Leipzig und der Tochter des Gefängnisdirektors von Bautzen und vielen mehr. Das Ergebnis: es gab nicht nur die DDR der STASI und der SED, der Planwirtschaft und der fehlenden Reisefreiheit. Wissenschaft, Kultur, Literatur und Film, Alltagsleben und Alltagssorgen, Bildung und politischer Diskurs, der vorwiegend in privaten Kreisen stattfand, prägten das Land und seine Bürger - und tun das bis heute. Die Veränderungen, die nach 1989 einsetzen, waren für viele schwer - und sie sind bis heute nicht abgeschlossen: weder Infrastruktur noch Gehälter, weder Chancen noch Perspektiven entsprechen dem "westdeutschen" Durchschnitt. "Es gab nicht nur eine DDR" lässt Menschen zu Wort kommen, die von ihrem Leben in der DDR und den Jahren bis heute erzählen.

Service

LITERATUR

Johannes Nichelmann, "Nachwendekinder: Die DDR, unsere Eltern und das große Schweigen", Ullstein 2019

Daniela Dahn, "Der Schnee von gestern ist die Sintflut von heute: Die Einheit - eine Abrechnung", Rowohlt Taschenbuch 2019

Jana Simon, "Unter Druck: Wie Deutschland sich verändert", S. Fischer 2019

Jana Simon, "Sei dennoch unverzagt: Gespräche mit meinen Großeltern Christa und Gerhard Wolf", Ullstein Taschenbuch 2015

Olaf Georg Klein, "Ihr könnt uns einfach nicht verstehen: Warum Ost- und Westdeutsche aneinander vorbeireden", Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2001

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