ORF/JOSEPH SCHIMMER
Radiokolleg - ADHS
Das Zappelphilipp-Syndrom (3). Gestaltung; Andreas Wolf
5. Februar 2020, 09:30
Er sitzt mit seinen Eltern am Tisch und schaukelt unaufhörlich mit dem Stuhl. Plötzlich kippt das Kind zurück - verzweifelt klammert es sich an der Tischdecke fest. Mit der Decke zieht der Bub auch das Essen samt Geschirr zu Boden. Die Bildgeschichte vom Zappelphilip im Kinderbuch Struwwelpeter, aus dem Jahr 1845, gilt als Klassiker der ADHS Darstellung. Von der Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung betroffen sind weltweit 5,3 % der Kinder und Jugendlichen. Damit gilt ADHS als die häufigste diagnostizierte psychiatrische Krankheit in den frühen Altersgruppen.
In unterschiedlichen Schweregraden und Ausprägungen zeichnen sich ADHS Kinder durch Verträumtheit, Unaufmerksamkeit und Impulsivität aus, wobei Buben um den Faktor 4 bis 5 stärker betroffen sind als Mädchen. Bei etwas mehr als der Hälfte der ADHS Kinder verschwinden die Symptome mit dem Erreichen des Erwachsenenalters.
ADHS gilt als neurobiologische Störung mit weitgehend genetischen Ursachen. Zur Krankheit tragen aber auch Umweltfaktoren wie eine erhöhte Stressbelastung bei. Folgewirkungen von ADHS sind Misserfolge in Schule und Beruf, frühe ungeplante Schwangerschaften, die Neigung zum Drogenkonsum, sowie eine erhöhte Suizidrate und Unfallhäufigkeit.
Die Aufmerksamkeitsprobleme entstehen vor allem dann, wenn Kinder Tätigkeiten als mühsam oder uninteressant empfinden. Als spannend empfundene Aktivitäten können hingegen zu einer "Hyperfokussierung" führen.
Dieses Phänomen spiegelt sich auch in der bevorzugten Berufswahl von ADHS Menschen wider. Als Rechtsanwälte, Journalisten, oder Leistungssportler wie der 23-fache Olympiasieger Michael Phelps, machen sie hochkonzentriert Karriere. Obwohl ADHS kein Hochbegabten-Phänomen ist, gelten auch Albert Einstein oder Leonardo da Vinci, als wahrscheinlich ADHS Betroffene.
Hinter den Erfolgen von ADHS Kranken steht heute eine individuell abgestimmte Lerntechnik, die von der Reduktion des Medienkonsums, über die Strukturierung des Alltags bis hin zu vermehrten Pausen reicht. Mit diesen und weiteren Maßnahmen erhöht sich die Konzentrationsfähigkeit und Ausdauer der Kinder, sie steigern die Lernmotivation und senken Frust, Streit und Tränen bei den Hausaufgaben. Chaos und Vergesslichkeit werden reduziert, die Stärken gefördert und damit die Basis für ein gesundes Selbstvertrauen geschaffen.
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