Adolf Hitler (rechts außen), 1904

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Radiokolleg - Der junge Hitler

Was prägte den Diktator? (4). Gestaltung: Günter Kaindlstorfer

Das Leben Adolf Hitlers ist gut erforscht. Joachim Fest und Ian Kershaw, Brigitte Hamann, Peter Longerich und Volker Ulrich haben große, wichtige Biographien über den massenmörderischen Diktator vorgelegt. Ein österreichisches Historikerteam rund um Christian Rapp und Hannes Leidinger fügt dem, was man über Hitlers Biographie bereits weiß, nun einige wichtige Facetten hinzu. In einem aufsehenerregenden Ausstellungsprojekt für das "Haus der Geschichte" Sankt Pölten beschäftigen sich die Forscherinnen und Forscher - unter Einsatz neuester elektronischer Recherchetools - noch einmal mit Hitlers frühen Jahren in Oberösterreich und Wien.

Was die Geschichtswissenschaft jetzt auch empirisch fundiert zeigen kann: Hitlers ideologische Prägungen haben sich bereits früh verfestigt, sie wurzeln eindeutig in den deutschnationalen Milieus seiner oberösterreichischen Kindheit und Jugend. Als Volks- und Realschüler in Lambach, Leonding, Steyr und Linz hat sich der begeisterte Karl-May-Leser bereits jene charakterlichen und weltanschaulichen Prägungen angeeignet, die er Jahrzehnte später als nationalsozialistischer Volkstribun ins Massenmörderisch-Demagogische weiterentwickeln sollte.

Hannes Leidinger, Christian Rapp und ihre Kolleginnen und Kollegen stoßen in eine wichtige Forschungslücke vor. Penibel und mit zahlreichen neuen Detailergebnissen rollen sie die Hitlersche Familiengeschichte noch einmal auf, sie untersuchen den Einfluss, den "alldeutsche" Lehrer auf den Schüler ausgeübt haben, sie gehen aber auch den ästhetischen Prägungen nach, die der begeisterte Wagnerianer als Besucher des Linzer Landestheaters empfangen hat. Auch zentrale Feindbilder Hitlers werden in der Linzer Zeit bereits festgelegt, resümmiert Hannes Leidinger: "Das Verhältnis zum Judentum bleibt in Linz noch unspezifisch, aber die antislawische und antitschechische Ausrichtung Hitlers und seines Umfelds tritt in den Jugendjahren schon deutlich hervor".

Leidinger und Rapp rekonstruieren auch die destruktive Familiendynamik, die Adolf schon in jungen Jahren zu einem zwänglerischen, rechthaberischen Narzissten gemacht hat. "Etwas Festes, Starres, Unbewegliches, hartnäckig Fixiertes ... lag in seinem Wesen", erinnerte sich Hitlers Jugendfreund August Kubizek später, "es bildete förmlich die Basis, auf der sich alle anderen Charaktereigenschaften entwickelten. Adolf konnte einfach nicht, aus seiner Haut heraus', wie man bei uns sagt. Was in diesen fixierten Bereichen seines Wesens lag, blieb unverändert für immer".

Service

Ausstellung "Der junge Hitler und die Zeit um 1900"
"Haus der Geschichte Museum Niederösterreich" in Sankt Pölten
Geöffnet von 28. Februar 2020 bis 9. August 2020


Literatur:

Hannes Leidinger und Christian Rapp: "Hitler - Prägende Jahre - Kindheit und Jugend 1889-1914", Residenz-Verlag, Salzburg (Erscheint am 18. Februar 2020)

Brigitte Hamann: "Hitlers Wien - Lehrjahre eines Diktators", Piper-Verlag, München

August Kubizek: "Adolf Hitler - Mein Jugendfreund", Leopold-Stocker-Verlag, Graz


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