AP/CHRISTOPHER KATSAROV
Tao - aus den Religionen der Welt
Die islamische Reformbewegung Ahmadiyya
"Dialogbereit, friedliebend und doch geschmäht". Ein Besuch bei den Ahmadiyya-Gemeinschaften in Gerasdorf und Haifa.
15. Februar 2020, 19:05
"Liebe für alle, Hass für niemanden": So lautet das Motto der Anhänger/innen der sogenannten Ahmadiyya-Bewegung. Sie glauben fest, dass die Vorherrschaft des Islam kurz bevorstehe und verpflichten sich dem unabdingbaren Verzicht auf Gewalt bei der Verfolgung all ihrer Ziele. Sie gehen davon aus, dass der Zustand des "Dschihad" (Kampf) endgültig vorbei sei, da der Messias / der Mahdi der Endzeit - ihr Gründervater Mirza Ghulam Ahmad, der letzte Prophet nach Muhamad - im 19. Jahrhundert bereits gekommen ist. Er habe Zeit seines Lebens auf die ursprüngliche Form des Islam, also auf Muhamads Lehren selbst, zurückverwiesen.
Andere muslimische Strömungen bezeichnen die Ahmadis, wie sie genannt werden, auf Grund ihrer Glaubensausrichtung als muslimische Sekte oder sprechen ihnen komplett das Recht ab, sich muslimisch zu nennen. Besonders in Pakistan und Indonesien leidet die Gemeinschaft stark unter Diskriminierung und Verfolgung. So kommt es, dass der heutige Hauptsitz der Ahmadiyya-Gemeinde, nicht mehr etwa in Indien oder Pakistan, sondern in der britischen Hauptstadt London ist. Die Gemeinde existiert derzeit in 207 Ländern und zählt nach eigenen Angaben etwa zwölf Millionen Mitglieder. Zudem behaupten sie, mehr Zuwachs zu erhalten, als jede andere islamische Reformbewegung.
Eine besondere Beziehung zu dem Staat, in dem sie leben, haben die Ahmadis auch in Haifa, Israel, wo die Gemeinde seit 1928 angesiedelt ist. Trotz der Staatsgründung Israels haben die dort ansässigen Gemeindemitglieder, allesamt Palästinenser/innen, ihre Häuser damals nicht verlassen (müssen). Heute leben sie gut integriert in einem gemischten Stadtteil namens Kababir, auf den Hügeln Haifas. Die meisten anderen Palästinenser/innen wohnen in den Tälern der Stadt, nahe dem Hafen. Die Ahmadis schätzen vor allem den Dialog mit Andersdenkenden, wie sie sagen. Aus dieser Haltung heraus, fahren sie sogar bis ins besetzte Westjordanland, um dort Rabbiner aus der Siedlerszene genauso von ihrer Friedfertigkeit zu überzeugen, wie radikal gewordene Muslim/innen.
Auch in Österreich gibt es eine kleine Gemeinde. TAO besucht die Ahmadiyya-Gemeinschaften in Gerasdorf (NÖ) und in Haifa und gibt Einblick in eine islamische Reformbewegung, die im Schatten von Sunniten- und Schiitentum auf Dialog setzt.
Gestaltung: Avia Seeliger