Barber, Copland, Shaw, Hanson

4. März 2020, 14:05

Lyrische Schönheit und urwüchsiger Individualismus

Das Minnesota Orchestra unter der Leitung seines langjährigen finnischen Chefdirigenten Osmo Vänskä ließ 2018/19 mit einem vier Konzerte umfassenden Festival mit Musik US-amerikanischer Komponisten aufhorchen. Das "American Expression Festival" wollte auf die "mutige, einfallsreiche und vielfältige klassische Musiktradition des Landes" aufmerksam machen. "Lyrische Schönheit" und "unbändiger Individualismus" waren die Lockworte für Werke aus der Zeit von 1930 bis 1950.


Ein Amerikaner in Salzburg

Nur einige Monate nach der Uraufführung im Dezember 1936 in Rom wurde Samuel Barbers Symphonieerstling bei den Salzburger Festspielen unter der Leitung von Artur Rodzi?ski von den Wiener Philharmonikern gespielt. Die Aufführung im Eröffnungskonzert war die erste Aufführung eines symphonischen Werkes eines Amerikaners bei den 1920 gegründeten Festspielen. Das Philadelphia Orchestra unter der Leitung von niemand Geringerem als Bruno Walter spielte 1944 eine revidierte Fassung.


Zu schwierig für Benny Goodman

Aaron Coplands Klarinettenkonzert ist ein Klassiker der Gattung geworden, wovon an die 50 Aufnahmen Zeugnis ablegen. Es entstand zwischen 1947 and 1949 und war für den Jazzklarinettistenstar Benny Goodman gedacht. In Coda der Erstfassung finden sich mit Bleistift eingetragene Änderungswünsche Goodmans und ein Memo: "1st version -later revised- of Coda of Clarinet Concerto (too difficult for Benny Goodman)".


Lyrisch, voller Wärme, voller Ton

Gabriel Campos Zamora, der Soloklarinettist des Minnesota Orchestra, spielt auch das Konzert von Artie Shaw. Gemeinsam mit Benny Goodman und Woody Herman gehörte Shaw zu den großen Klarinettisten der Swing-Zeit. Goodman und Shaw entwickelten "deutlich verschiedene Ausdrucksbereiche . Goodman extrovertiert, spannungsgeladen, brillant vor allem; Shaw dagegen lyrisch, voller Wärme und mit einem charakteristischen, unnachahmlich vollen Ton, mal verhangen, mal messerscharf." (Martin Kunzler im Jazz-Lexikon)


Romantisch, normiert, eklektisch, populär, außerirdisch

Für das 50-Jahrjubiläum des Boston Symphony Orchestra in 1930 hatte Serge Koussevitsky bei Howard Hanson eine Symphonie bestellt. Der damals 34-Jährige lieferte ein dreisätziges Werk. Seiner 2. Symphonie gab er den Titel "Romantic". Das "lyrische, unvergessliche zweite Themas" des ersten Satzes kennt man in der Musikwelt der USA als das "Interlochen theme": Jedes Konzert des Interlochen Center for the Arts in Michigan wird mit diesem Thema beendet. In der Symphonie kehrt es in den Folgesätzen "with greater emphasis" wieder. Über die Grenzen des Konzertsaales hinaus bekannt wurde das "Interlochen-Thema", nachdem es 1979 am Ende des ersten "Alien"-Films im Abspann verwendet wurde. Hanson war nicht um Genehmigung gefragt worden, war aber bereits zu krank, um vor Gericht zu gehen. 1982 verwendete John Williams - eingestandener Maßen - Motive und Passagen aus der Symphonie für seine Musik zum Spielberg-Film "E.T. the Extra-Terrestrial".

Sendereihe

• Das Ö1 Konzert

Gestaltung

• Peter Kislinger