Bruno Kreisky

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Gedanken für den Tag

Johannes Kunz über Bruno Kreisky

"50 Jahre Ära Kreisky". Johannes Kunz, 1973 bis 1980 Pressesprecher von Bruno Kreisky, erinnert sich an den für die Geschichte Österreichs so prägenden Staatsmann

Der Streit zwischen den Koalitionspartnern ÖVP und SPÖ über eine mögliche Rückkehr von Otto Habsburg, dem Sohn von Kaiser Karl, wuchs sich 1963 zu einer Staatsaffäre aus. Das Habsburger-Gesetz von 1919 legte nämlich fest, dass alle Mitglieder der früheren Dynastie, die sich nicht als getreue Staatsbürger der Republik bekannten, des Landes verwiesen wurden. Diesem Gesetz entsprechend unterzeichnete Otto Habsburg 1961 die als Bedingung für seine Einreise nach Österreich geforderte Erklärung des Verzichts auf Herrschaftsansprüche. Nun befand der Verwaltungsgerichtshof, dass der Wortlaut der vorliegenden Verzichtserklärung den gesetzlichen Bestimmungen entsprach und dass somit das Einreiserecht zu gewährleisten sei. Die damalige SPÖ-Führung unter Bruno Pittermann sprach von einem "Juristenputsch".

Der SPÖ-Publizist Günther Nenning kritisierte die immer heftiger werdende Anti-Habsburg-Kampagne. "Der Habsburger-Kannibalismus ist ein seltsamer Fall von Fresslust, wo garantiert nichts mehr zu fressen ist. Es dürfte am ehesten einer tiefenpsychologischen Erklärung zugänglich sein", schrieb Nenning damals. Teile der SPÖ befürchteten ein Wiederaufleben einer Restaurationsbewegung. Die ÖVP wiederum hatte nichts gegen eine Rückkehr von Otto Habsburg, da man sich aber in der Großen Koalition mit der SPÖ in dieser Frage nicht einigen konnte, wurde die Rückkehr des Kaiser-Sohnes erst unter der ÖVP-Alleinregierung zwischen 1966 und 1970 möglich. Später ermöglichte der sozialdemokratische Bundeskanzler Kreisky übrigens Ottos Mutter, Kaiserin Zita, nach einer Intervention des spanischen Königs Juan Carlos die Rückkehr nach Österreich, ohne dass diese eine Verzichtserklärung abgegeben hatte. Im Auftrag Kreiskys hatten spitzfindige Verfassungsjuristen im Bundeskanzleramt herausgefunden, dass Zita als Angeheiratete des Kaisers kein Nachfolgerecht zukam und sie daher unmöglich dem Habsburger-Gesetz unterliegen konnte.

Es war 1972, als es in Wien anlässlich des 50-Jahr-Jubiläums der Paneuropa-Union zum "historischen Handschlag" zwischen Bundeskanzler Bruno Kreisky und Otto Habsburg kam. Nun waren die sporadischen Aufenthalte Ottos in Österreich kein Thema mehr und die Beziehungen des Habsburgers zur SPÖ entspannten sich. Viele Jahre später sagte Otto Habsburg in der Fernsehsendung "Erinnerungen" zur Bedeutung dieses "historischen Handschlags": "An allererster Stelle würde ich sagen, dieses Ereignis hat wieder einmal bewiesen, dass wer ein guter Europäer ist, der versöhnt sich auch mit allen möglichen anderen."

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Gustav Mahler/1860 - 1911
Komponist/Komponistin: Johann Sebastian Bach/1685 - 1750
Titel: Suite aus Orchesterwerken von Johann Sebastian Bach
* Gavotte I, II / aus der Suite Nr.3 in D-Dur BWV 1068 - 4.Satz (00:04:05)
Solist/Solistin: Peter Schwarz /Cembalo
Orchester: Radio Symphonieorchester Berlin
Solist/Solistin: Peter Siegele /Orgel
Solist/Solistin: Martin Ulrich Senn /Flöte
Länge: 04:05 min
Label: Koch Schwann 11637

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