Toni Faber

APA/HERBERT NEUBAUER

Gedanken für den Tag

Toni Faber über den Stephansdom

"Aus Asche erstanden" - Gedanken in der Karwoche von Toni Faber, Dompfarrer, Dechant und Domkapitular zu St. Stephan

Angesichts der aktuellen Corona-Pandemie, die unser aller Leben in so kurzer Zeit auf den Kopf gestellt hat, wirken die Ereignisse vor einem Jahr rund um den Brand von Notre Dame de Paris länger her, als sie es eigentlich sind. Am Dienstag in der Karwoche vor einem Jahr gab es seitens der Medien eine gewaltige Nachfrage von Interviews an den Dombaumeister und mich als Dompfarrer von St. Stephan. Vielfach lautete die Anfrage: Kann die Katastrophe von Paris auch in Wien passieren? Sind wir darauf vorbereitet?

Viele der fragenstellenden Journalistinnen und Journalisten waren von unserer Antwort überrascht: Die Katastrophe des Brandes von St. Stephan ist schon vor 75 Jahren passiert. Der vorige großartige Holzdachstuhl vom Stephansdom war zwar mit einer Imprägnierung, einer Sprenkel-Anlage und aufgestellten und gefüllten Löschbottichen ein wenig gesichert. Dennoch waren sich in den letzten Wochen des 2. Weltkrieges alle der Gefahrenlage bewusst. Wie durch ein Wunder konnten die höchst gefährlichen Bombenangriffswellen im März 1945 dem Dom keinen Schaden zufügen und er konnte sie unbeschadet überstehen. Aber gerade die Plünderungen und das Inbrandsetzen der Geschäfte am Stephansplatz hat dann doch das vielleicht vermeidbare Unglück provoziert: Der Dom ist in den allerletzten Kriegstagen dann doch ein Opfer der Flammen geworden. Löschende Rettungsmannschaften waren weit und breit nicht mehr zugegen, die deutschen Truppen über den Donaukanal und Donau nach Norden auf der Flucht und die Alliierten noch nicht wirklich in der Stadt angekommen.

Vor einem Jahr haben um die Mittagsstunde alle großen Glocken der Domkirchen Europas aus Solidarität zur zerstörten Domkirche Notre Dame de Paris geläutet. Wir alle wissen um die Verletzlichkeit und Renovierungsbedürftigkeit unserer Kirchengebäude, aber auch um unsere eigene persönliche Verletzlichkeit. Wir kennen unsere Schwachstellen und Sollbruchlinien in Gebäuden und in Gemeinschaften, in unserer eigenen Biografie und durch weltweite Krisen, wie wir es jetzt gerade mit der Corona-Pandemie erleben. Welche Notfallpläne existieren von den Gebäuden, welche Exit-Strategie kennen wir? Woher kommt uns Hilfe? "Unsere Hilfe kommt vom Herrn", fällt mir als gläubigen Christen hier ein, um sehr demütig zu bekennen: "Dem, der das Seine tut, versagt Gott seine Gnade nicht!"

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Johann Sebastian Bach/1685 - 1750
Album: Die neue Orgel im Stephansdom zu Wien : Es spielt Peter Playavsky
Titel: Christ lag in Todesbanden BWV 718 - Choralbearbeitung für Orgel
Solist/Solistin: Peter Planyavsky /Orgel < Neue Rieger Orgel, Stephansdom, Wien >
Länge: 04:39 min
Label: Motette CD 11641

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