Moschee und Mond

AP/ACHMAD IBRAHIM

Gedanken für den Tag

Wolfgang Müller-Funk über die Begegnung von Kulturen

"West begegnet Ost, Goethe und Hafis". Zum Beginn des islamischen Fastenmonats Ramadan stellt der Literaturwissenschafter Wolfgang Müller-Funk Gedichte von Goethe und Hafis vor

Goethes "West-östlicher Divan" ist ein dialogisches Werk, in dem der deutsche Dichter ins Gespräch mit dem berühmten persischen Dichter Hafis eintritt. Für dieses Gespräch ist indes ein Vermittler vonnöten, ein Übersetzer, der die Gedichtsammlung Hafis' ins Deutsche übertragen hat.

Dieser, wenn man so will, Ko-Autor ist der österreichische Gelehrte Josef Freiherr von Hammer-Purgstall. Die vollständige Übersetzung von Hafis Dichtung, die Kommentare zu dieser und andere Werke über Geschichte, Kultur und Poesie der arabischen, persischen und türkischen Welt haben Maßstäbe gesetzt, die noch heute nachwirken.

Bekanntlich sieht sich der Übersetzer bei der sprachlichen Übertragung von Texten vor eine schwierige Entscheidung gestellt: Er kann die Übersetzung so gestalten, dass der fremde Text möglichst in die eigene Sprache integriert wird. Das entspricht dem Konzept der Aneignung. Die andere Strategie schlägt die entgegengesetzte Richtung ein und versucht, das Andere im Eigenen zu bewahren. Sie möchte das Fremde und Unverständliche in Bruchstücken erhalten.

Hammer hat die beiden Gegensätze geschickt austariert. Jedes Gedicht enthält die Anfänge, das Distichon des Originals, der Übersetzer löst aber das Versmaß und Reim zugunsten einer möglichst textnahen Übertragung auf. Gleichzeitig nimmt Hammer eine Aneignung vor, indem er die Gasele und ihre Thematik, Wein und Liebe, in Verbindung mit der spätantiken Ode der Anakreontiker bringt. Damit revidiert Hammer auch die bisherige allegorische Interpretation der Gedichte und widerspricht der mystisch-religiösen Interpretation von Hafis, die insofern hilfreich war, als gerade sie die Fatwa, den Bann, gegen seine Dichtung, verhindert hat.

Goethe, durch Hammers Übersetzung mit Hafis vertraut und zu seinem "West-östlichen Divan" inspiriert, hat der Übertragung des österreichischen Orientalisten mehrfach Beifall gezollt. Mit Hafis ist er sich darin einig, dass Mystik und Weltzugewandtheit einander nicht ausschließen:

Du aber bist mystisch rein
Weil sie dich nicht verstehn,
Der du, ohne fromm zu seyn, selig bist!
Das wollen sie dir nicht zugestehen.

Als Weltfrömmigkeit will Goethe die Haltung seines persischen Bruders, den er in vertraulichem Du anspricht, verstanden wissen. Sein Opus begreift er als Antwort auf den berühmten persischen Vorgänger im Rahmen einer Weltliteratur, zu der alle Dichter Zugang haben.

Service

Johann Wolfgang von Goethe, "West-oestlicher Divan", dtv
Hafis, Johann Christoph Bürgel, "Gedichte aus dem Diwan", Verlag Reclam

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Improvisation
Album: ISTANBUL - DIMITRIE CANTEMIR: "Das Buch der Musikwissenschaft"
Titel: Taksim (Improvisation : Oud) (00:01:18)
Solist/Solistin: Yurdal Tockan /Oud
Länge: 01:18 min
Label: Alia Vox AVSA 9870

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