Dvorak, Brahms, Sibelius

13. Mai 2020, 14:05

Famose Komposition oder trostlose Greisenproduktion?

Pinchas Zuckerman und seine Ehefrau Amanda Forsyth waren am 18. September 2019 im Smetana Saal des Gemeindehauses Prag im letzten Orchesterwerk von Johannes Brahms zu erleben. Das 1887 in der Schweiz entstandene, noch im selben Jahr in Köln mit dem Geiger Joseph Joachim und dem Cellisten Robert Hausmann uraufgeführte Doppelkonzert würdigte der Dirigent Hans von Bülow als "famose Komposition"; Joseph Joachim stellte es über das ihm gewidmete Violinkonzert, während Clara Schumann das Doppelkonzert als zwar "höchst interessant, geistvoll", aber den sonst so frischen warmen "Zug", den sie in "vielen andern seiner Sachen" kannte, vermisste. Der Wiener Starchirurg Theodor Billroth fand das Werk des 54-jährigen Freundes "trostlos, langweilig, die reine Greisenproduktion."


Die dirigieren, diese Finnen

Dirigent des Konzerts war der 40-jährige Chefdirigent der Prager Symphoniker Pietari Inkinen. Am 24. Juli 2019 hatten die Bayreuther Festspiele bekannt gegeben, dass der Finne im Sommer 2020 die Neuproduktion von Richard Wagners "Ring des Nibelungen" leiten würde. Aufgrund der Absage der Festspiele 2019 soll Inkinen sein Debüt am Grünen Hügel nun 2022 geben.

Seit September 2017 ist Inkinen auch Chefdirigent der Deutschen Radio Philharmonie und seit 2016/17 des Japan Philharmonic. Von 2008 bis 2016 war er Music Director des New Zealand Symphony Orchestra, dessen Ehrendirigent er nun ist. Mit Ende der Saison 2019 legte er seine Chefdirigentenposition der Ludwigsburger Schlossfestspiele zurück, die er seit 2014 inne gehabt hatte.

Vom finnischen Dirigentenmacher Jorma Panula wurde der 14-jährige Inkinen - gemeinsam mit Mikko Frank - in die Dirigierklasse für Jugendliche an der Sibelius Akademie Helsinki aufgenommen. Mit 17 setzte Inkinen jedoch auf Empfehlung des Geigers Vadim Repin sein Geigenstudium bei Zakhar Bron in Köln fort, gewann Wettbewerbe, spielte in aller Welt - und wachte eines Tages mit dem Gedanken auf: "Das Sibelius-Konzert auf diesem Niveau zu halten, kann nicht alles sein. Jetzt möchte ich versuchen, ein richtiger Dirigent zu werden." Inkinen begann ein reguläres Dirigierstudium bei Panulas Nachfolger Leif Segerstam, sprang zu Beginn des zweiten Studienjahres beim Helsinki Philharmonic ein - "und kurz nach dem Konzert war mein Kalender voll."

Sendereihe

• Das Ö1 Konzert

Gestaltung

• Peter Kislinger