Karl Markovics

ORF/JOSEPH SCHIMMER

Ö1 Hörspiel

Eine bittere Komödie des jungen G. E. Lessing

Schwerpunkt: Theater im Hörspiel
"Die Juden". Von Gotthold Ephraim Lessing. Mit Michael Maertens, Cornelius Obonya, Peter Matic, Pippa Galli, Brigitte Karner, Karl Markovics und Thomas Mraz. Musik: Peter Kaizar, Toni Burger, Georg Mittermayr. Ton: Friedrich Trondl, Astrid Drechsler und Manuel Radinger. Bearbeitung und Regie: Leonhard Koppelmann (ORF/NDR 2016)

Für Emanzipation, für Bildung und für allgemeine Menschenrechte - gegen Vorurteile und Diskriminierung, für religiöse Toleranz und für Humanität und für die Vernunft als Urteilsinstanz - das waren wesentliche Anliegen der "Aufklärung", und der deutsche Dichter Gotthold Ephraim Lessing war einer ihrer bedeutendsten Vertreter. In unserer Spezialreihe "Theater im Hörspiel" bringen wir "Die Juden", ein selten aufgeführtes Jugendwerk Lessings, ein, wie Lessing es nannte, "Lustspiel in einem Aufzuge".

Lessing thematisiert hier Antisemitismus und das Verhalten einem "Fremden" gegenüber. Dieses Theaterstück gilt als Vorstufe und komisches Gegenstück zu "Nathan der Weise". Während Lessings "Nathan der Weise" als großes ausladendes Ideendrama an Hand unterschiedlicher Religionen den Gedanken der Toleranz thematisiert, ist Lessings Jugendwerk "Die Juden" pointierter und kompakter.

Neu und kühn ist, wie der 20jährige Lessing seine Hauptfigur zeichnet, denn zum ersten Mal in der Geschichte des Theaters betritt die Figur eines positiv dargestellten Juden die Bühne. "Ich bin ein Jude" - dieser lapidare Satz, den der fremde Held der Geschichte, ein Reisender, gegen Ende sagt, kippt das vorgeblich lustig-feine Spiel um Identitäten in bittere Realität: "Ein Jude? Grausamer Zufall!" sagt der Baron und es wird klar, dass er seine Tochter einem Juden nicht zur Frau geben kann. Und Christoph, der Bedienstete des Reisenden, wirft diesem vor: "Sie sind ein Jude, und haben das Herz gehabt, einen ehrlichen Christen in ihre Dienste zu nehmen? Sie hätten mir dienen sollen. So wäre es nach der Bibel recht gewesen!"

Lessings Stück, geschrieben 1749, berichtet von einer bitteren Tatsache: Dass es gegen die Aufklärung und ihr Ziel, das allgemein Menschliche als Wesentliches unseres Seins zu verstehen, immer wieder Versuche gab und gibt, Differenzen zu konstruieren und zu behaupten.

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