Charles Dickens

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Gedanken für den Tag

Brigitte Schwens-Harrant über Charles Dickens

"Menschen. Bloße Menschen." Zum 150. Todestag von Charles Dickens Gedanken der Literaturkritikerin, Buchautorin und Feuilletonchefin der Wochenzeitung "Die Furche", Brigitte Schwens-Harrant

Ein Kind, das sich grundlos schuldig fühlt für das, was in seiner Umgebung passiert. Das sich später als Erwachsener tatsächlich schuldig macht, dies aber erkennt und bereut und sein Leben entsprechend ändert: Das ist der rote Faden im von 1860 bis 1861 in wöchentlichen Fortsetzungen geschriebenen Roman "Große Erwartungen" von Charles Dickens.

Große Erwartungen hat Pip, das Waisenkind, das bei seiner Schwester und ihrem Mann, dem Schmied, aufwächst und etwas werden will: ein Gentleman. Als solcher galt damals, wer sich sein Leben nicht durch Arbeit verdienen musste. Wo Geld ist, kommt Geld dazu. Und so kommt die geheimnisvolle Förderung gerade recht, die das Kind aus seinem armen Leben in andere Kreise bugsiert. Doch Geld kann Menschen verändern. Und es ist auch nicht egal, woher es kommt. Dickens desillusioniert das gängige Ideal des Gentleman.

"Ein Feldmarschall besitzt seine Uniform, ein Bischof seinen seidenen Schurz, ein Büttel seinen Dreispitz", schreibt Charles Dickens 1837 - 39 in seinem berühmten Roman "Oliver Twist". "Nimm dem Bischof seinen Schurz, dem Büttel seinen Hut und seine Tressen, was sind sie dann? Menschen. Bloße Menschen. Würde, und sogar Heiligkeit, sind mehr eine Frage von Rock und Weste, als manche Leute denken."

In "Große Erwartungen" entkleidet Charles Dickens die Reichen und Mächtigen. Da stehen dann Menschen, bloße Menschen. Und von Karriere, Stand, gesellschaftlichem Ansehen und finanziellem Vermögen entkleidet sieht man den Unterschied. Der wahre Gentleman in "Große Erwartungen" ist Joe, der Schmied. Er liebt das Kind wie ein Vater, steht ihm bedingungslos zur Seite, obwohl Pip ihn verlassen und sich seiner geschämt hat. Auch wenn Dickens selbst ein solcher Vater nicht war: Mit Joe hat er ihn erschrieben. Joe erwartet nichts, er fragt nicht danach, was sich rentiert. Wenn man ihn braucht, ist er da und hilft. Der wahre Gentleman ist ein Mensch mit Herz.

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Henry Russell
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Charles Dickens/1812-1870
Bearbeiter/Bearbeiterin: Dave Townsend (Arr.)
Album: THE MUSIC OF CHARLES DICKENS AND HIS TIME
Titel: The fine old English Gentleman (New Version)
Textanfang: I'll sing you a new ballad and I'll warrant it first-rate, of the days of that old gentleman who had that old estate
Refrain: ....the fine old English Tory times; soon may they come again
Ausführende: The Seven Dials Band
Leitung: Dave Townsend
Ausführender/Ausführende: Tim Healey /Gesang
Länge: 03:24 min
Label: Warner Classics 2564661451

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