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Gedanken für den Tag
Mirjam Jessa über Gustav Mahler
"Von Heimatlosigkeit und Erlösung". Anlässlich des 160. Geburtstages von Gustav Mahler erzählt die Journalistin und Ö1-Moderatorin Mirjam Jessa, wie der Komponist ihr Leben begleitet
11. Juli 2020, 06:56
Einen der bekanntesten Aussprüche von Gustav Mahler hat es so vielleicht nie gegeben. Denn allem, was Alma Mahler-Werfel über ihren Mann geschrieben hat, ist mit größter Skepsis zu begegnen und den Satz von der dreifachen Heimatlosigkeit - als Böhme in Österreich, als Österreicher in Deutschland und als Jude in der ganzen Welt - kennen wir nur durch Alma.
Dem gegenüber stehen Briefzitate aus drei Jahrzehnten, die in Variationen den Satz wiederholen "Leider bleibe ich ein eingefleischter Wiener." Das "Leider" ist bezeichnend, war und ist doch diese Liebe, denken wir an das offizielle Wien, einseitig. Schon im November 1926 tagte zum ersten Mal ein Komitee zur Errichtung eines Gustav Mahler-Denkmals, das übrigens anfangs am Schwarzenbergplatz hätte stehen sollte, dort, wo seit 1945 das Russendenkmal alles überragt. Bis 1938 scheiterte das Vorhaben an immer neuen Hindernissen bis schließlich das dafür gesammelte Geld von den Nazis konfisziert wurde. Mahler-Denkmal oder gar Mahler-Gedenkstätte gibt es bis heute keine in Wien.
Dazu passt wie das Gesellenlied "Ging heut' Morgen übers Feld" zum Schluss plötzlich eine Wendung zur Frage der eigenen Existenz nimmt. Die Musikwissenschaftlerin Julia Spinola hat das so ideal formuliert, dass ich mit ihren Worten enden möchte: "Am Ende des zweiten der "Lieder eines fahrenden Gesellen" stellt sich der Wanderer mitten in einer im Sonnenlicht funkelnden mütterlich zugewandten Natur die Frage nach seinem Schicksal: "Nun fängt auch mein Glück wohl an?" Die niederschmetternde Antwort gibt er sich sogleich selbst: "Nein! Nein! Das ich mein, mir nimmer, nimmer blühen kann."
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Sendereihe
Gestaltung
Playlist
Komponist/Komponistin: Gustav Mahler/1860 - 1911
Bearbeiter/Bearbeiterin: Arnold Schönberg /Arrangement/1874 - 1951
Gesamttitel: LIEDER EINES FAHRENDEN GESELLEN / Bearbeitung für eine Singstimme, Flöte, Klarinette, 2 Viol., Viola, Violoncello, Kontrabaß, Klavier und Harmonium von Arnold Schönberg 1920
Titel: Nr.2 Ging heut' morgen übers Feld (00:03:57)
Solist/Solistin: Olaf Bär /Bariton
Ausführende: Linos Ensemble
Ausführender/Ausführende: Philippe Boucly /Flöte
Ausführender/Ausführende: Rainer Müller van Recum /Klarinette
Ausführender/Ausführende: Winfried Rademacher /Violine
Ausführender/Ausführende: Sidsel Garm Nielsen /Violine
Ausführender/Ausführende: Matthias Buchholz /Viola
Ausführender/Ausführende: Mario Blaumer /Violoncello
Ausführender/Ausführende: Jörg Linowitzki /Kontrabaß
Ausführender/Ausführende: Konstanze Eickhorst /Klavier
Ausführender/Ausführende: Christopher Oakden /Harmonium
Länge: 03:57 min
Label: Capriccio 10863