GEMEINFREI
Betrifft: Geschichte
Bruch und Kontinuität
Von der k. u. k. Armee zum Wehrgesetz von 1920. Mit Christian Ortner: Militärhistoriker und Direktor des Heeresgeschichtlichen Museums Wien
Gestaltung: Andreas Wolf
30. Juli 2020, 17:55
In den letzten Tagen des ersten Weltkrieges überschlugen sich die Ereignisse. Während die k. u. k. Armee noch im Einsatz war, bildeten sich im Hinterland bereits die Nachfolgestaaten der untergehenden Vielvölker-Monarchie. Am 30. Oktober 1918, vier Tage vor der Kapitulation der k. u. k. Armee, formierte sich als Nachfolgestaat der deutschsprachigen Bevölkerung der Monarchie "Deutschösterreich". Am 12. November wurde die gleichnamige Republik proklamiert. In dieser Phase sollte eine neue bewaffnete Macht entstehen.
Die ersten Überlegungen dazu kamen vom sozialdemokratischen Reserveoffizier und Politiker Julius Deutsch. Sein Ziel war eine in allen Bereichen radikale Abgrenzung von der sich in Auflösung befindlichen k. u. k. Armee. Die neue Streitmacht sollte vor allem innenpolitische Aufgaben übernehmen. Mit der Aufstellung einer "Volkswehr" (Milizheer) wurde der ehemalige k. u. k. Feldmarschall-Leutnant Adolf von Boog beauftragt. Die Gesamtstärke seiner Verbände umfasste bis zu 50.000 Mann. Wegen des noch unklaren Grenzverlaufes sollten Truppenkommandos auch in Leitmeritz und Troppau auf dem Gebiet des heutigen Tschechiens aufgestellt werden.
Da von Boog seine Einheiten weder in der neu gegründeten Tschechoslowakei noch in Deutschwestungarn gegen die vorrückenden Tschechen und Ungarn einsetzen durfte, trat er frustriert von seinem Amt zurück. Nach der Unterzeichnung des Friedensvertrages von Saint Germain am 10. September 1919 war das provisorische Wehrgesetz obsolet. Die "Volkswehr" wurde in ein Berufsheer - das "Bundesheer" der 1. Republik umgewandelt. Den rechtlichen Rahmen dazu gab das Wehrgesetz vom 18. März 1920. Ihren ersten militärischen Einsatz hatte die Armee im Sommer 1921, als das Bundesheer paramilitärische ungarische Einheiten bei Kirchschlag in der Buckligen Welt vertrieb. Im Oktober desselben Jahres marschierte das Bundesheer in das ehemalige "Deutschwestungarn", das heutige Burgenland ein, und sicherte das Gebiet für die junge Republik. Abgesehen von diesem Einsatz wurde das Heer der 1. Republik vor allem als innenpolitischer Machtfaktor instrumentalisiert.
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