Zwischenruf

Die Hohen jüdischen Feiertage

"Die Hohen Feiertag in Zeiten von Corona" von Claudia Prutscher, Vizepräsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Wien

Rosch ha-Schana und Jom Kippur sind die höchsten Feiertage im jüdischen Kalender. Auf Hebräisch bedeutet Rosch ha-Schana wörtlich übersetzt "Kopf des Jahres", und der Name deutet darauf hin, dass es der Anfang des jüdischen Jahres ist. Der Jahrestag der Schöpfung von Adam und Eva, der Geburtstag der Menschheit.

Zu Rosch ha-Schana beenden wir das jüdische Jahr und ein neues kann beginnen. Es beginnt mit Hoffnung und Freude. Die besondere Bedeutung dieses Festes kann man an der hohen Zahl der Besucher und Besucherinnen an diesen Tagen in den Synagogen ersehen. Die Bethäuser sind immer gesteckt voll und weltweit kommen alle Juden, ob religiös oder säkular, zusammen. In dichter Menge wird gebetet, begrüßt und einander Glückwünsche für das kommende Jahr ausgesprochen.

Ich erinnere mich in zahlreichen Erzählungen immer wieder gehört zu haben, dass, selbst wenn Großeltern oder Urgroßeltern unter dem Jahr nicht in Synagogen gegangen sind, zu Rosch ha-Schana und Jom Kippur waren sie jedes Jahr dort. Nun kann man sich vorstellen, welchen Einschnitt Corona dieses Jahr in das jüdische Leben bringt. Die Personenanzahl ist auf Grund der Ansteckungsgefahr streng limitiert worden. Die Synagogen sind statt übervoll nun halbleer. Welch ein trauriger Jahresbeginn. Das ist 2020 leider Realität und die Gesundheit, so steht es auch in der Thora, hat oberste Priorität im Judentum.

Damit wir aber wenigstens ein Gebot zu Rosch ha-Schana erfüllen können, sind wir am 2. Tag, am Sonntag, 20.September, gemeinsam zu einem fließenden Gewässer gegangen, um symbolisch unsere Sünden des vergangenen Jahres hineinzuwerfen. Bei dieser Gelegenheit wurde auch im Freien in das Schofar, das ist das Horn eines Widders, geblasen. Die Klänge des Schofar wenigstens ein Mal zu Rosch ha-Schana gehört zu haben, ist für Juden und Jüdinnen sehr wichtig und ein Gebot in der jüdischen Religion.

Normalerweise treffen sich nach dem G'ttesdienst die Familien und Freunde zu einem ausgiebigen und guten Essen. Es werden Äpfel in Honig getaucht, um einander ein süßes Jahr zu wünschen. Auch dieses Jahr wurde gefeiert. Aber im kleinen Familienkreis. Ich habe unsere typischen Rosch ha-Schana Gerichte zubereitet, Karottenzimmes - das sind gedünstete Karotten mit Zwetschken und Honig, gedünstetes Fleisch mit Rotwein und Honig, es gab Salate mit Granatapfelkernen, die symbolisieren die Fruchtbarkeit, sowie das jüdische Brot, die Challa, die aber zu diesem Anlass rund geflochten wird, um das Abrunden des Jahres zu symbolisieren Zum Abschluss gab es Lekach - das ist ein typischer Honigkuchen, den es nur zu Rosch ha-Schana gibt. Bei so viel Süßem kann das kommende Jahr nur süß und gut werden.

Danach kommen die zehn Tage der Einkehr. In den zehn Tagen bis Jom Kippur, dem Versöhnungstag, können wir Frieden schließen mit allen, die wir vielleicht verletzt haben, Streitigkeiten werden beigelegt, man spricht sich aus und versöhnt sich. Wie alle jüdischen Feiertage beginnt das Fest am Vorabend nach Sonnenuntergang, und das ist heute, am Abend des 27. September. Das ist die Gelegenheit, eine letzte Mahlzeit einzunehmen, ich mache immer eine gute Hühnersuppe, denn Jom Kippur ist ein Fasttag. Dieser wichtigste jährlich wiederkehrende Tag im jüdischen Leben wird sehr ernst genommen. Alle fasten, ausgenommen Kinder und kranke Menschen. Den ganzen Tag über wird in den Synagogen gebetet, die Atmosphäre ist ganz besonders, die Menschen sind in ihre Gebete vertieft.

Das Ende dieses besonderen Tages wird durch den Ton des Schofar besiegelt. Es ist immer spürbar, wie erleichtert die Gemeinde nach dem Hören des Schofar ist. Ein schwerer und besonderer Tag geht zu Ende und wir starten in den Neuanfang mit einer guten Mahlzeit, im Kreise unserer Lieben. Auch dieser Tag wird heuer nur im kleinsten Kreise begangen werden. Die Einkehr wird genauso besinnlich sein wie jedes Jahr, die Gemeinschaft nur in Gedanken miteinander. Wir hoffen und beten für ein gesundes neues Jahr 5781, mit vielen Möglichkeiten wieder gemeinsam zu sein.

Sendereihe

Gestaltung

Übersicht

Playlist

Urheber/Urheberin: Traditional
Urheber/Urheberin: Rumänien
Album: TSCHOLENT
Titel: Dojna/instr.
Ausführende: Die Gojim /Instrumental
Länge: 01:52 min
Label: Extraplatte 2072

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