Ultra-orthodoxe Juden während des Sukkots

AP/SEBASTIAN SCHEINER

Gedanken für den Tag

David Weiss über Sukkot

"Bei Wind und Wetter". Gedanken über das jüdische Laubhüttenfest macht sich der Schriftsteller David Weiss

Die Sukka, die Laubhütte, ist Namensgeberin und Symbol des Sukkot-Festes. Sie ist mehr Windschirm als Hütte, eine unbeständige Struktur. Die Sukka besteht aus drei Wänden. Die dritte misst nur eine Handbreit. Durch die Dachfolie aus Laub und Ästen müssen am Tag der Himmel und in der Nacht die Sterne zu sehen sein.

In einer Laubhütte ist man behaust und doch im Freien. Strenggläubige Jüdinnen und Juden wohnen die Festtage über darin. Ihren Ursprung hat die Sukka wohl in den Unterständen der Erntearbeiter im antiken Israel. Heute wird sie anlässlich des Sukkot-Festes weltweit errichtet. Auf dem Grundstück, auf dem Dach oder auf Balkonen. Das Innere ist mit Feldfrüchten, farbigen Tüchern und bunter Papierdekoration geschmückt. Das Brauchtum macht das Laubhüttenfest bei Familien mit Kindern sehr beliebt.

Am Vorabend und an den Abenden des Festes zünden die Frauen zwei Lichter in der Laubhütte an. Vielleicht, damit Familie und Gäste zu ihr finden. Sieben unsichtbare Gäste sind geladen: Abraham, Isaak, Jakob, Josef, Moses, Aaron und David. Bei Familien des Reformjudentums sind zudem weibliche Gestalten der Bibel eingeladen. Bei traditionellen und modernen Gläubigen gleichermaßen sind Gäste aus Fleisch und Blut willkommen. Vor allem soll bei den Einladungen an die Einsamen, die Obdachlosen und Armen gedacht werden. Zahlreiche jüdische Gemeinschaften stellen eine Gemeindesukka bereit.

Es ist nicht lange her, da war Camping in den Industrienationen ein Freizeittraum. Inzwischen ist Obdachlosigkeit Alltag. Auch bei Erwerbstätigkeit. Die romantische Erinnerung an eine Vergangenheit unter freiem Himmel wieder beinharte Erfahrung in der Gegenwart. Menschen leben im Freien, in Autos am Straßenrand, in Zelten unter Autobahnbrücken, in Wohnmobilen auf Wohnwagenstellplätzen. Das "Hilf dir selbst" des Neoliberalismus ist an seine Grenzen gelangt. Es ist, so scheint mir, wieder Zeit für das "Hilf uns Gott" des Laubhüttenfestes. Denn helfen wir uns, dann hilft uns Gott.

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Traditional
Bearbeiter/Bearbeiterin: Hugo Löwenthal /Zusammenstellung/1879 - 1943
Album: KZ MUSIK 4 - MUSIK KOMPONIERT IN KONZENTRATIONSLAGERN VON 1933-1945
Titel: Traditionelle Weisen für Pesach, Schwuos und Sukkot < Jüdische Feste > für Violine und Akkordeon < 5.6.1942 Theresienstadt >
Solist/Solistin: Mario Muccitto /Akkordeon
Solist/Solistin: Laura Aprile /Violine
Länge: 08:52 min
Label: Membran Music 231787

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