Verhallter Applaus für die "Corona-Held*innen"

8. Oktober 2020, 13:00

Vielleicht erinnern Sie sich noch an die Wochen der großen Wertschätzung? Mitte März, Corona-Lockdown, 18 Uhr: Applaus und Jubelrufe von Balkonen und offenen Fenstern für das Pflegepersonal, die ÄrztInnen, die Beschäftigten im Einzelhandel. Aufgemalte Kreideherzen und "Danke" vor Eingängen, Bushaltestellen, Tankstellen. Lieferdienste bekommen viel Trinkgeld, Reinigungskräfte Blumen und Pralinen und Promis wie PolitikerInnen bekunden ihre Anerkennung für "die Heldinnen und Helden des Alltags", die das System am Laufen halten und die Versorgungssicherheit garantieren.

Es wird deutlich, dass vor allem jene Berufsgruppen systemrelevant und unverzichtbar sind, in denen die Entlohnung niedrig, die Arbeitsbedingungen vielfach prekär und die gesellschaftliche Anerkennung gering ist. Von Bonuszahlungen ist die Rede, Prämien, einem "Corona-Tausender". Die Arbeitsbedingungen sollen verbessert werden.

Sieben Monate später ist der Applaus verhallt, der Bonus vereinzelt in Gutscheinen oder in der Höhe von durchschnittlich 100 bis 300 Euro ausgezahlt und die Mängel "im System", die die Pandemie offenbart hat, scheinen vergessen. An der Personalknappheit, der hohen Arbeitsbelastung und der schlechten Entlohnung hat sich nichts geändert. Die teilweise als Notfallmaßnahmen eingeführten Arbeitsbedingungen - kürzere Ruhezeiten, längere Schichten, aufgehobene Mindestbesetzung - haben sich zur "neuen Normalität" entwickelt.

Wie kommt es, dass gerade jene Berufe und Tätigkeiten, die sich als unverzichtbar zeigten, gesellschaftlich und monetär so geringgeschätzt werden? Wäre die Corona-Krise nicht eine Chance, jene Arbeiten, zu denen auch die sogenannte (Für)Sorge-Arbeit zählt, entsprechend aufzuwerten - doch woran scheitert es? Was ist überhaupt eine angemessene Anerkennung und wie ist sie im Kontext von Arbeit und Beruf zu betrachten?

Dazu forscht der Universitätsdozent für Sozial- und Wirtschaftspsychologie Ralph Sichler, der an der FH Wiener Neustadt das Institut für Management und Leadership Development leitet. In den letzten Jahren haben zahlreiche Studien gezeigt, wie wichtig Wertschätzung für Unternehmen wie MitarbeiterInnen in allen Branchen ist, aber Anerkennung spielt auch auf gesellschaftlicher Ebene eine zentrale Rolle.

Wenn es um Österreichs größte Branche, den Handel geht, ist Anita Palkovich von der Gewerkschaft der Privatangestellten GPA-djp am Wort, die in Kürze wieder die Kollektivvertragsverhandlungen für die Handelsangestellten führen wird.

Im Gespräch mit Barbara Zeithammer werden Anita Palkovich und Ralph Sichler das komplexe Konstrukt der Anerkennung in Beruf und Arbeit von unterschiedlichen Perspektiven beschreiben und Sie als Hörerinnen und Hörer sind herzlich eingeladen, sich mit Ihren Erfahrungen und Gedanken daran zu beteiligen: per Telefon unter 0800 22 69 79 - kostenfrei aus ganz Österreich - oder schriftlich per E-Mail an punkteins(at)orf.at

Sendereihe

• Punkt eins

Gestaltung

• Barbara Zeithammer

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