Die relative Kunst der Unfuge

MARTIN UND PETER BRANDLMAYR

Ö1 Kunstsonntag spezial

Grenzphänomene und Übergangsphasen

Im Rahmen des Ö1 Kunstsonntags, der ganz dem steirischen herbst gewidmet ist, präsentieren Zeit-Ton extended und Ö1 Kunstradio "Altered State Solution" von Dani Gal und Ghazi Barakat, sowie "Die relative Kunst der Unfuge" von Martin Brandlmayr & Peter Brandlmayr.

Unter dem Motto "Liminal" lud das CTM Festival heuer zu einer Auseinandersetzung mit Grenzphänomenen und Übergangsphasen ein, in denen vertraute Ordnungen destabilisiert werden. "Musik spiegelt nicht nur die fragilen Zustände unserer verunsicherten Gegenwart", so die Veranstalter, "sondern öffnet zugleich kritische Experimentierräume für alternative Denkweisen und mögliche Zukünfte." Und auch dieses Jahr wieder vergaben das CTM Festival und die Redaktion Hörspiel / Klangkunst von Deutschlandfunk Kultur gemeinsam mit dem Goethe-Institut, dem ORF Festival musikprotokoll im steirischen herbst und dem Ö1 Kunstradio mit Unterstützung des britischen Musikmagazins The Wire Auftragsarbeiten, die sich dem Thema des CTM Festivals widmen und dabei die künstlerischen Möglichkeiten des Mediums Radio mit einer Live-Performance verknüpften sollten.

In "Altered State Solution", einem der beiden Siegerstücke, beschäftigen sich Dani Gal und Ghazi Barakat mit dem Wesen der Information und dem Scheitern selbiger. Während des Kalten Krieges versuchte man im kommunistischen Osten die als feindlich geltenden Botschaften, die Radiostationen jenseits des Eisernen Vorhangs aussandten, unter Störgeräuschen zu begraben. Dabei entfalteten die Störsender ihre eigene Klangästhetik, die nun im Zentrum von "Altered State Solution" steht.

Eine Koproduktion des Ö1 Kunstradio und des ORF musikprotokoll - in diesem Fall gemeinsam mit dem SWR - ist auch "Die relative Kunst der Unfuge" von Martin und Peter Brandlmayr, das zweite Radiostück, das in dieser gemeinsamen Sendung der Zeit-Ton extended und der Ö1 Kunstradio Redaktion zu hören sein soll.

"Kein Faß kennt einen letzten Boden, kein Instrument, das nicht mehr resoniert.
Und somit: Kein letztes Wort, kein letzter Klang.
Keine Fuge ohne Unfug, gleichwie umgekehrt."

In diesem Sinne haben Martin und Peter Brandlmayr im Umkreis der allgemeinen Kunst des Verfügens gefischt, um der Diversität jenes Drängens nachzugehen, das einen letzten Grund und Boden, ein letztes Wollen und Machen verheißt, ohne dass ebensolches je geborgen worden ist. In einer Welt allgemeiner Vernetztheit, ja einer Welt allgemeiner Bezogenheit, ist ein letzter Hafen nicht in Sicht. Alle Erfahrung, alle Reise geht wohin, ist Translation - ist Übersetzung. So taucht man in diesem Hörspiel quer zu Raum und Zeit durchs Becken des auditiven Bewusstseins unserer Kultur, ist über die Grenzen von Sprache, Klang und Musik hinweg mal hier spurensuchend unterwegs, mal da.
In Bezugnahme auf: Johann Sebastian Bach, Marcel Duchamp, Gena Rowlands, Keiji Haino, Jaques Derrida, Ludwig van Beethoven, Anna Karina, Helge Schneider, Anton Webern, Billie Holyday, Stanley Kubrick, Susan Sontag, David Bowie, Gilles Deleuze, u.v.m.

Das zweite der beiden Siegerstücke - "Nothingness; Life, Nothingness" von NUM - wird am 25. Oktober in Zeit-Ton extended zu hören sein.

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