Lichtspiel mit Herbstblatt

APA/BARBARA GINDL

Gedanken für den Tag

Rainer Bucher über Religion und Heimat

"Unbehaust und geborgen zugleich". "Heimat ist kein Ort, kein Raum, sondern ein Gefühl", meint der katholische Theologe Rainer Bucher

Heimat ist kein Ort, kein Raum, sondern ein Gefühl. Freilich entsteht es an bestimmten Orten und an anderen eben nicht. Heimat ist das Gefühl der selbstverständlichen Einbettung in die Umgebung, in der man lebt. Heimat haben heißt: umgeben zu sein von einem wohlgesonnenen Raum. Heimat: Das ist dort, wo man sich nicht erklären muss.

Heimat identifiziert Orte personal und Personen über Orte. Der Effekt ist schlagend: Diese Operationen heben nicht nur die Umgebungsspannung auf, sondern auch die zeitliche Spaltung der Existenz in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Man ist im glücklichen Jetzt: Hier, wo ich bin, ist es, wie es immer sein sollte.

Das gelingt freilich nur kurz. Das eigentliche Heimatgefühl ist das Heimweh. Heimat ist eine Leerstelle. Denn die Differenz zwischen uns und allem anderen kann man gestalten, nie aber wirklich aufheben. Wir sind aus der ursprünglichen Geborgenheit geworfen, spätestens seit wir aus dem Schoß unserer Mütter hinausgetrieben wurden. Wahrscheinlich ist das Leben ein einziger nie endender Versuch der Wieder-Beheimatung. Es ist eine der zentralen Aufgaben menschlicher Existenz, beides zu akzeptieren: die tiefe Sehnsucht nach Heimat - und dass sie nie wirklich erfüllt wird.

Sicher: Es gibt immer mal wieder Erfahrungen von Heimat. Sie ist dann die Außenwelt als eigene Innenwelt oder eben die eigene Innenwelt ins Außen verlängert. Das ist natürlich eine Illusion, aber eine schöne. Sie tut gut und macht glücklich. Heimat gibt es zwar nicht wirklich, aber wir sind immer mal wieder kurz in ihr. Aber sobald "Heimat" auch nur thematisiert wird, ist sie eigentlich schon verloren. Genau genommen ist man nur in ihr, wenn man gerade nicht merkt, in ihr zu sein. Da geht es der Heimat ähnlich wie der mit ihr nahe verwandten "Identität". Beides sind Sehnsuchtsbegriffe, die sagen: "Das will ich gerne haben." Zugleich aber signalisieren sie: Etwas fehlt immer, irgendwie.

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Johannes Brahms/1833 - 1897
Titel: Liebeslieder Walzer op.52a - 18 Walzer für Klavier zu vier Händen
* Walzer in E-Dur op.52 Nr.1 für Klavier zu vier Händen (00:01:12) - tw. 2x gespielt
52 a
Ausführende: Duo Crommelynck
Ausführender/Ausführende: Patrick Crommelynck /Klavier
Ausführender/Ausführende: Taeko Kuwata /Klavier
Länge: 01:12 min
Label: Claves CD 50.8711

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