ORF/JOSEPH SCHIMMER
Betrifft: Geschichte
Wir sind Zeugen
Eine Geistesgeschichte des Testimoniums von der Antike bis Covid-19
mit: Paul Sailer-Wlasits, Sprachphilosoph und Publizist.
Gestaltung: Robert Weichinger
23. November 2020, 17:55
Zeugen, seien es Augen- oder Ohrenzeugen, legen Zeugnis ab. Ihr Testimonium, ihr Bezeugen kann in bestimmten Situationen von größter Bedeutung sein. In der Antike war die Zeugenschaft zwischen Mythos, Wahr-Sprechen und Wahr-Sagen angesiedelt. Jene, die über Ereignisse Bescheid wussten, konnten Zeugnis geben. Doch um Zeugniswissen annehmen zu können, musste - damals wie heute - den Zeugen Vertrauen entgegengebracht werden.
Im Laufe der Kulturgeschichte fächerte sich das Phänomen der Zeugenschaft weit auf. Verschiedenste Typen von Zeugen bildeten sich heraus: etwa religiöse Zeugen, die vielfach verfolgt, oftmals zu Märtyrern wurden; oder Gerichtszeugen, die einst und jetzt möglichst unzweifelhaftes Wissen hervorbringen sollten. Oder auch die historisch-kulturell überaus wichtigen moralischen Zeugen, die durch ihr Testimonium das Unfassbare menschlicher Vernichtung dem Vergessen und Verdrängen entrissen.
Vor dem Hintergrund heutiger "Fake-News" samt digitaler Austauschbarkeit gewinnt Zeugenschaft zunehmend an Relevanz, denn "die Gegenwart macht uns alle zu Zeugen". (Paul Sailer-Wlasits, "Uneigentlichkeit", 2020) Zeugenschaft oszilliert zwischen Wissen und wahrer Meinung, zwischen Erkenntnis und Erfahrung sowie zwischen Wahrheit und dem Fürwahrhalten.
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Buchtipp: Paul Sailer-Wlasits: Uneigentlichkeit
Philosophische Besichtigungen zwischen Metapher, Zeugenschaft und Wahrsprechen. Ein Essay
Verlag: Königshausen & Neumann, 2020