König Ludwig XIV. im Krönungsornat, Porträt von Hyacinthe Rigaud.

GEMEINFREI

Alte Musik - neu interpretiert

Der König tanzt

präsentiert von Gerhard Hafner. Ensemble Correspondances, Leitung: Sébastien Daucé. "Concert Royale de la nuit" (aufgenommen am 28. August 2018 beim Festival Alter Musik in Utrecht)

Unter der Herrschaft des Königs Ludwig XIV. erreichte Frankreich die kulturelle und politische Spitzenposition in Europa. Der Monarch nutzte die Künste zur Selbstdarstellung ebenso wie zur Instrumentalisierung zu politischen Zwecken. Ludwig XIV. war sich aber nicht nur der Funktion der Musik im absolutistischen Staat bewusst, band also nicht nur das französische Musikleben an der Versailler Hof und an die Stadt Paris, sondern gründete auch die Akademien für Malerei und Skulptur, für den Tanz sowie die Akademien zur Förderung von Wissenschaften, Musik und Architektur.

Ludwig XIV. hatte freilich nicht nur Spaß am Tanz, er erkannte schnell den propagandistischen Wert dieser Auftritte. Ganz besonders groß war der offenbar, als der Monarch 15-jährig im Louvre im "Ballet Royal de la Nuit" als Sonne auftrat. Die gehörte als heller, mächtiger und lebensspendender Himmelskörper zwar als Attribut des Kunstschutzherren Apoll längst zur Ikonografie der Könige, aber kein anderer Monarch bediente sich so konsequent ihrer zur Mehrung des eigenen Ruhms und als persönliches Symbol: die Sonne von 1653 bliebt förmlich an ihm kleben, er wurde, obwohl nicht von ihm so etikettiert und propagiert, der Sonnenkönig, le roi soleil. Das "Ballet Royal de la Nuit", nur siebenmal gegeben, war ein fast alle Sinne beschäftigendes Gemeinschaftswerk der darstellenden Künste, komponiert aus Rezitation, Gesang, Tanz, Musik, Ausstattung. Überlegen zusammengestellt und dramaturgisch gestaltet, eingeteilt in vier Partien oder "Wachen", in denen das allegorische, konsequent den Souverän verherrlichende Geschehen abrollte und erblühte - bis hin zum finalen Sonnenaufgang, der die Morgenröte dieses Königs für die Nation bedeuten sollte.

Ein Spektakel der barocken Art, sechs Komponisten waren involviert: Jean de Cambefort, Antoine Boësset, Louis Constantin, Michel Lambert, Francesco Cavalli und Luigi Rossi. Obwohl dieses Werk schnell in seiner überragenden historischen Bedeutung eingeordnet wurde, aber nie wieder gespielt wurde, geriet es in Vergessenheit. Die Tanzschritte und Kostüme, auch die Abläufe überlebten in Textbüchern und Librettoentwürfen, choreografischen Aufzeichnungen und Skizzen, nicht aber die Musik.

"Wie soll man diese verlorene Musik also wieder zum Klingen bringen?". Mit dieser Frage beschäftige sich über Jahre der Musikhistoriker und Dirigent Sebastian Daucé. Er entschied sich französisches Ballett und italienische Oper zu verknüpfen und so aus dem "Ballett Royal de la nuit" heraus etwas ganz Neues zu kreieren ein "Concert de la nuit". Dieses Pasticcio lässt etwas von der Vielfalt des ursprünglichen Werkes ahnen, zumal die Personen, die in beiden Werkformen auftreten, einmal französisch und dann wieder italienisch singen. Beim Festival Alter Musik in Utrecht vor zwei Jahren, brachten Sébastien Daucé und die MusikerInnen und SängerInnen des Ensemble Correspondances "Le Concert Royal de la Nuit" im Großen Saal des TivoliVredenburg zur Aufführung.

Sendereihe

Gestaltung

  • Gerhard Hafner

Playlist

Bearbeiter/Bearbeiterin: Sébastien Daucé /musikalische Rekonstruktion
Komponist/Komponistin: Jean de Cambefort/um 1605-1661
Komponist/Komponistin: Antoine Boesset
Komponist/Komponistin: Louis Constantin/um 1585-1657
Komponist/Komponistin: Michel Lambert/um 1610-1696
Komponist/Komponistin: Francesco Cavalli
Komponist/Komponistin: Luigi Rossi/1597-1653
Komponist/Komponistin: Anonym
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Isaac de Benserade/1613(?)-1691
Titel: LE CONCERT ROYAL DE LA NUIT - nach dem "BALLET ROYAL DE LA NUIT" / Ballett in 4 Teilen getanzt von Sr. Majestät (Ludwig XIV.) am 23. Februar 1653 (Teilwiedergabe)
Ausführende: Ensemble Correspondances
Leitung: Sébastien Daucé /Orgel, Cembalo und Leitung
Länge: 79:55 min
Label: IPS / NLNPO

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