Christian Herret über das Sternsingen

3. Jänner 2021, 06:55

Mit jedem Lebensjahr wandert mein Haaransatz weiter nach hinten. Das ist der Grund, warum ich seit vielen Jahren oft mit Kappe unterwegs bin. Auf eine meiner Kappen ist mein Name gestickt. Wenn ich sie trage, ist auf meinem Hinterkopf in großen Buchstaben "Christian" zu lesen.

Weil sie leicht waschbar ist, eignet sich das gute Stück perfekt für Reisen. Als Mitarbeiter eines katholischen Hilfswerks, der Dreikönigsaktion, triffst du auf Dienstreisen viele gläubige Menschen. In englischsprachigen Ländern ist es mir, wenn ich meine Reisekappe trage, schon öfters passiert, dass ich auf meine Kopfbedeckung angesprochen wurde. Man findet es toll, dass ich meinen Glauben so offen und stolz präsentiere.

Auf Englisch gelesen steht da nämlich hinten ganz einfach groß "Christ" drauf - und da ich bei einer katholischen Organisation arbeite, wird es eher als Glaubensbekenntnis gewertet, denn als Vorname. Um ehrlich zu sein, das Lob - das oft gar nicht von Christinnen oder Christen kommt - beschämt mich immer ein wenig. Denn im "Zeugnis ablegen" bin ich sicher kein Vorbild.

"Es ist gut, sich Christ zu nennen, vor allem aber kommt es darauf an, in konkreten Situationen Christ zu sein", sagt Papst Franziskus. In Gesprächen fällt es mir eher schwer, mich als Christ zu outen. Und ob man es im täglichen Leben erkennen würde, sei dahingestellt.

Wenn ich überlege, einzig beim Sternsingen ist mir das immer leichtgefallen. Dabei sollte man meinen, dass einiges dazugehört, verkleidet bei Fremden anzuläuten, ihnen singend von der weihnachtlichen Frohbotschaft zu erzählen und sie danach auch noch um eine Spende zu bitten.

Ich kann gar nicht sagen, warum ich so viele Jahre mit Begeisterung in die Rolle eines der Heiligen Drei Könige geschlüpft bin. Aber es gibt da beim Sternsingen etwas, das jedes Jahr tausende von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen fasziniert. Du läutest an der Tür wildfremder Menschen und erzählst ihnen, dass alles gut wird, weil vor mehr als 2000 Jahren in einem Stall in Bethlehem ein Kind geboren wurde. Und im Namen dieses Kindes bringst du ihnen Segen und Hoffnung, dass es ein gutes neues Jahr wird. Und bittest - ganz im Sinne der Botschaft, die dieses Kind in die Welt bringt - um eine Spende für jene, denen es nicht so gut geht wie uns.

Und dann passiert meist etwas Magisches: Türen öffnen sich. Egal ob die Besuchten gläubig sind oder nicht. Sie freuen sich, besucht zu werden. Für einen kurzen Moment durchbrichst du ihren Alltag, durchbrichst ihre Einsamkeit und die so oft beschworene Gleichgültigkeit der modernen Zeit. Du zauberst ein Lächeln auf ihre Lippen. Und darum geht's ja eigentlich. Nicht umsonst ist die Rede davon, die "Frohe Botschaft" zu bringen. Und du selbst fühlst dich dabei wie ein König oder eine Königin.

Sternsingen ist ein Aufeinanderzugehen, ein Zusammenhalten, ein Mutmachen, auch und gerade in schwierigen Zeiten. Auch wenn Caspar, Melchior und Balthasar heuer anders in Erscheinung treten - ganz im Sinne der aktuellen Corona-Regeln: Segen brauchen wir 2021 mehr denn je. Und auch ein wenig mehr vom Gottvertrauen, dass alles gut wird nach dem Horrorjahr. Ich sehe das auch als meine Aufgabe als Christ, als meinen Neujahrsvorsatz: Diese Zuversicht auf einen gelungenen Neustart zu verbreiten. Egal ob mit meiner Christian-Kappe oder mit Krone.

Sendereihe

• Zwischenruf

Gestaltung

• Brigitte Krautgartner