Ilya Gringolts

KAUPO KIKKAS

Zeit-Ton

Virtuose Hochseilakte und sonore Kantilenen

Ilya Gringolts als Solist in neuen Violinkonzerten von Beat Furrer und Bernhard Lang

"Sprechend", "flüsternd", "singend": Es sind solche Spielanweisungen und Ausdrucksgesten in Beat Furrers neuem Violinkonzert, die dessen Solopart passagenweise in die Nähe der menschlichen Stimme rücken. Ein Werk der Gattung hat Furrer schon vorgelegt, "andere stimmen" - und es überrascht nicht, dass in diese Komposition Material seiner Oper "Invocation" verwandelt eingeflossen ist. Wie verhält sich das Melodische, Gesangliche zur Harmonik?

So lautete eine der Hauptfragen, denen der sanfte, aber zugleich unnachgiebige Grübler und Lauscher Beat Furrer hier auf den Grund gehen wollte, wobei dem Akkordeon beinah die Rolle eines Co-Solisten zufällt. Virtuose Funken sprühen freilich trotzdem - genau wie auch in Bernhard Langs "Redux" für Violine und Orchester, die aus Pandemiegründen geschaffene Kammerbesetzung seiner "Monadologie XXXIX". Lang ist von Motivzellen und Taktabschnitten fasziniert, lässt sie in Loops wuchern und spinnt sie fort: In diesem Fall holt er sich sein Material aus Violinkonzerten von Bach bis Ligeti.

Das Werk sei, so verrät der Komponist, "eine Reise durch die Entwicklungsgeschichte des virtuosen Violinspiels, wobei das concertare ganz unterschiedlich inszeniert ist: der Höhepunkt in der Cadenza führt letztlich zur freien Improvisation zurück. Die Harmonik des Stücks führt die Differenztonharmonik der vorhergehenden Konzerte fort, wobei die inhärente Mikrotonalität durch eine Vierteltonorgel im Orchester gestützt wird."

Bindeglied dieser beiden Uraufführungsmitschnitte aus München vom Herbst 2020 mit dem Münchener Kammerorchester unter Clemens Schuldt und dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter Johannes Kalitzke ist der Solist, der russische Geiger Ilya Gringolts: Vor einigen Jahren hat er bei den Salzburger Festspielen die Capricci von Paganini und Sciarrino mit atemberaubender Intensität und zugleich aufs Schönste und Klügste miteinander verbunden. "Gringolts, Jahrgang 1982, ist ein kleiner, bärtiger und ruhiger Mann mit dem Hang zum Extremen ... Ohne exaltierte Bewegungen, aber innerlich glühend und furios schmettert Gringolts rasante Tonkaskaden in den Raum." (Süddeutsche Zeitung)

Gestaltung: Walter Weidringer

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