ORF/JOSEPH SCHIMMER
Im Gespräch
In memoriam Arik Brauer
In memoriam Arik Brauer sendet Ö1 die Wiederholung eines Gespräches, das Renata Schmidtkunz 2012 mit dem Künstler geführt hat.
28. Jänner 2021, 21:00
Am Abend des 24.1.2021, 20 Tage nach seinem 92.Geburtstag, ist der österreichische Künstler Arik Brauer im Kreis seiner Familie in Wien gestorben. Seine letzten Worte drückten Dankbarkeit aus: für seine 1957 geschlossene Ehe mit seiner israelisch-jemenitischen Frau Naomi Dahabani, dafür, dass er Vater dreier Töchter sein durfte, für seine Kunst und den Wienerwald. "Aber es gibt eine Zeit, da lebt man, und es gibt zwei Ewigkeiten, da existiert man nicht", sagte Brauer. Mit ihm starb einer der außergewöhnlichsten Künstler Österreichs und ein bis zuletzt tätiger, lebensfroher, strahlender Mensch.
Sein ganzes Leben galt - neben seiner Familie - seiner Kunst: "Vor dem Einschlafen und nach dem Aufwachen denke ich an meine Malerei, denn man kann es ja nie." Arik Brauer war witzig und ernst, selbstbewusst und bescheiden, zum Zeitpunkt des Gespräches 83 Jahre alt und sehr gutaussehend. Seine Energie schien keine Grenzen zu kennen - und seine Fantasie ebenso wenig. Um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, hat er in jungen Jahren so ziemlich alles gemacht, auch am Bau gearbeitet. "Meine Familie war sehr, sehr arm. Heute würde man sagen, wir haben im tiefsten Elend gelebt", sagt Arik Brauer, der 1929 als Sohn eines Schuhmachermeisters im Wiener Arbeiterbezirk Ottakring zur Welt kam.
"Die meisten Kunden mit Plattfüßen waren orthodoxe Juden", erzählt er. Seine Eltern hingegen - der Vater war 1905 aus Litauen nach Wien gekommen - waren Sozialisten und nicht religiös. Der Vater starb in einem KZ, Arik - damals noch Erich - überlebte den Nationalsozialismus in einem Versteck im 16. Wiener Gemeindebezirk Ottakring. Nach dem Krieg studierte Brauer Malerei, Gesang und Tanz und wurde - nach jahrelangem Aufenthalt in Paris, wo er seine erste erfolgreiche Ausstellung hatte - neben Ernst Fuchs, Rudolf Hausner, Wolfgang Hutter und Anton Lehmden einer der Mitbegründer der "Wiener Schule des phantastischen Realismus". Und mit Liedern wie "Sie ham a Haus baut" hat er den Grundstein zu dem gelegt, was man heute "Austropop" nennt.
Mehr denn je beschäftigt sich Brauer mit seiner Malerei. "Ich gehe ja jetzt in die letzte Runde", meint er mit dem ihm eigenen Humor. Im Gespräch mit Renata Schmidtkunz spricht Arik Brauer, der seit 1957 mit Naomi Dahabani, Israelin jemenitischer Herkunft, verheiratet war, über die Kraft seiner Malerei, die politische Lage der Welt und seine Pläne für die Zukunft.
Service
A Jud und keck a no, Amalthea Signum Verlag, Wien 2019
Arik Brauer: Die Farben meines Lebens. Erinnerungen. Amalthea, Wien 2014
Arik Brauer: Arik Brauer (Bildband). Brandstätter, Wien 1998
Erwin Javor Hrsg: Von Generation zu Generation. Die neue Haggada von Arik Brauer. Verlag Jüdisches Museum, Wien 2014
Arik Brauer - Eine Jugend in Wien, Film von Helene Maimann, Wien 2014