Iannis Xenakis, 1970

FRIENDS OF XENAKIS/MICHELE DANIEL

Radiokolleg - Ein musikalischer Kosmopolit

Der Komponist und Architekt Iannis Xenakis (3). Gestaltung: Thomas Mießgang

Schon 1954 sprach der Musikphilosoph Theodor W. Adorno in einem Essay vom "Altern der Neuen Musik" und meinte damit, dass die damals aktuelle serielle Musik bereits eine gewisse Patina angesetzt habe. Iannis Xenakis, ein Komponist griechischer Herkunft und damals noch ein aufstrebendes Talent, blies ins gleiche Horn. Mit seinem Aufsatz über die "Krise der seriellen Musik" warf er Kollegen wie Pierre Boulez und Karlheinz Stockhausen den Fehdehandschuh zu, was seiner Karriere nicht gerade förderlich war.

Aus der sicheren Distanz von mehr als 60 Jahren kann man jedoch risikolos sagen: Die Musik von Xenakis mit ihren wilden Klangmassen und Perkussionen ist besser gealtert als die der meisten Zeitgenossen und klingt auch heute noch frisch und aufregend. Iannis Xenakis, 1922 in Rumänien geboren und in Griechenland aufgewachsen, war immer schon ein wenig anders. Zum einen gab es die persönliche Katastrophenerfahrung im Widerstandskampf gegen die Nazis und im anschließenden Bürgerkrieg, wo er eine Gesichtsverletzung erlitt, die seine Mimik verunstaltete - zum anderen sein Bedürfnis, sich Regeln nicht zu unterwerfen, sondern sie, im Gegenteil, neu zu definieren.

Und dies unter Einsatz aller Wissensmaterie, deren er habhaft werden konnte. Als politischer Flüchtling ließ er sich in Paris nieder, war 12 Jahre lang Assistent des Architekten Le Corbusier und entwickelte gleichzeitig seine Musik. Um die Produktionsweise seiner Kompositionen wirklich zu verstehen, müsste man Naturwissenschafter und Mathematiker sein: Er nannte seine Klänge "stochastische Musik" und meinte damit, dass Ereignisse wie Regen, eine Menschenmasse oder ein Bienenschwarm herangezogen werden könnten, um die Töne zu organisieren. Dazu arbeitete er mit unter anderem Wahrscheinlichkeitsrechnung und Zufallsverteilung, sowie der mathematischen Spiel- und Mengentheorie. Der sinnliche Schock, meinte er, "müsse in der Musik ebenso fühlbar sein wie beim Anhören des Donners oder beim Blick in den unendlichen Abgrund."

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Sendereihe

Gestaltung

  • Thomas Mießgang

Playlist

Komponist/Komponistin: Edgard Varèse
Titel: Poème Electronique
I: Edgard Varèse
Label: EMS Recordings EMS40

Komponist/Komponistin: Xenakis
Titel: Metastasis
I: Ensemble Instrumental de musique contemporaine de Paris
Label: Le Chant du Monde LDX-A-8368

Komponist/Komponistin: Xenakis
Titel: Agamemnon
I: Ensemble Ars Nova
Label: Erato STU 70565

Komponist/Komponistin: Xenakis
Titel: Eonta
I: Ensemble Instrumental de musique contemporaine de Paris
Label: Le Chant du Monde LDX-A-8368

Komponist/Komponistin: Yvonne Loriod
Titel: Mode de valeurs et d`intensités
I: Yvonne Loriod
Label: Erato STU 70433

Komponist/Komponistin: Iannis Xenakis
Titel: Voyage absolu des Unart vers Andromeda
I: Iannis Xenakis
Label: Fractal Records Fractal 015

Komponist/Komponistin: Iannis Xenakis
Titel: Hibiki-Hana-Ma
I: Iannis Xenakis
Label: Mode mode 203

Komponist/Komponistin: Xenakis
Titel: Terretektorh
I: Philharmonic Orchestra of Radio ORTF
Leitung: Charles Brück
Label: Candide CE 31060

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