Medizin und Gesundheit

Wenn der Bissen im Hals stecken bleibt

Hilfe bei Schluckstörungen

Ein Mensch hat ganz schön viel zu schlucken. Bis zu 2.000 Mal täglich werden Speichel und Speisereste in einem kontrolliert verlaufenden Schluckakt meist unbemerkt in den Magen befördert. Ein selbstverständlicher, jedoch überaus komplexer Prozess, an dem mehr als zwei Dutzend Muskeln beteiligt sind. Ist dieser Vorgang gestört, kann das nicht nur zu einer massiven Einschränkung der Lebensqualität führen, sondern mitunter sogar lebensbedrohlich werden.

Dysphagien nehmen im Alter zu

Bis zu 30 Prozent aller Menschen in höherem Lebensalter sind von derartigen Schluckstörungen (Dysphagien) betroffen, in Altersheimen ist es jede zweite Person.
Schließlich führt der altersbedingte Abbau der Muskulatur (Sarkopenie) zu einer Verminderung der Muskelkraft im Bereich der Speiseröhre und damit zu einem erschwerten Schluckakt.
Auch neurologische Erkrankungen wie Demenz, Morbus Parkinson oder Multiple Sklerose gehen oft mit massiven Schluckstörungen einher.
Bei bis zu 70 Prozent aller Schlaganfallpatienten, die ins Krankenhaus gebracht werden, findet sich eine begleitende Dysphagie. Und es kann viele Wochen dauern, bis wieder ausreichend Nahrung geschluckt werden kann. In dieser Phase ist es oft nötig eine Magensonde zu legen.

Zwischen lästig und lebensbedrohlich

Entzündungen im Rachenbereich oder auch eine vergrößerte Schilddrüse beeinträchtigen ebenfalls den Schluckakt und verursachen das Gefühl eines "Kloßes im Hals".
Schwere Dysphagien und Fehlschluckereignisse bei älteren oder multimorbiden Patienten können dazu führen, dass Speisereste in die Luftwege gelangen und dort eine Entzündung hervorrufen. Diese sogenannte Aspirationspneumonie stellt die zweithäufigste Todesursache in Alters- und Pflegeheimen dar, erklärt Univ.-Prof. Dr. Markus Gugatschka, Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde an der Meduni Graz. In manchen Fällen muss hier die Ernährung über eine Sonde erfolgen.
Um das Risiko für eine Dysphagie bei geriatrischen Patientinnen und Patienten abzuschätzen, kann die künstliche Intelligenz wertvolle Hilfe leisten: An der Uniklinik Graz wurde ein Vorhersagemodell getestet, bei dem mittels digitaler Algorithmen das Auftreten einer drohenden, schweren Schluckstörung berechenbar ist.
Eine seltenere Form stellen echte Motilitätsstörungen wie die Achalasie dar, bei der es zu einem dauerhaft angespannten Schließmuskel am unteren Ende der Speiseröhre kommt. Hier versprechen neuere operative Verfahren Hilfe.

Interdisziplinäres Vorgehen

Da der Schluckakt ein überaus komplexes Geschehen ist, muss bei der Diagnostik und der Therapie der Dysphagie interdisziplinär vorgegangen werden: Neben der Fachrichtung der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde sind auch neurologische, chirurgische oder gastroenterologische Expertisen gefragt, die Betroffenen werden von Logopädinnen, Diätologen und Pflegekräften betreut, um das richtige Schluckverhalten wiederherzustellen.

Moderation: Univ.-Prof. Dr. Manfred Götz
Sendungsvorbereitung: Dr. Ronny Tekal
Redaktion: Dr. Christoph Leprich und Mag.a Nora Kirchschlager

Reden auch Sie mit! Wir sind gespannt auf Ihre Fragen und Anregungen. Unsere Nummer: 0800/22 69 79, kostenlos aus ganz Österreich.

Hat Ihr Kleinkind Probleme beim Schlucken?

Leiden Sie selbst an einer Form der Schluckstörung?

Haben Sie Sodbrennen und daher Schmerzen beim Schlucken?

Haben Sie eine pflegebedürftige, angehörige Person, die mit Dysphagie zu kämpfen hat?

Konnte ein logopädisches Schlucktraining helfen?

Service

Studiogast:

Univ.-Prof. Dr. Johannes Zacherl
Vorstand der Abteilung für Chirurgie, Leiter des Zentrums für Speiseröhren- und Magenchirurgie
St. Josef-Krankenhaus
Auhofstraße 189
A-1130 Wien
Tel. +43/1/878 44-5210
E-Mail
Homepage

Gäste am Telefon:

Univ.-Prof. Dr. Markus Gugatschka
Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde
Leiter der Klinischen Abteilung für Phoniatrie
Hals-Nasen-Ohren-Universitätsklinik Graz
Medizinische Universität
Auenbruggerplatz 2
A-8036 Graz
Tel.: +43/316/385 82579
E-Mail
Homepage

Marlies Jobstmann, BSc MSc
Logopädin
Landesvorsitzende Steiermark
Berufsverband logopädieaustria
Sperrgasse 8-10
A-1150 Wien
Tel.: +43/660/7600 620
E-Mail
Homepage

Weitere Anlaufstellen und Info-Links:

Zentrum für Dysphagie und Schluckstörungen Salzburg
Deutsche interdisziplinäre Gesellschaft für Dysphagie
Infos zur Achalasie (Achalasie-Zentrum Salzburg)
Infos zu Speiseröhrendivertikel (Netzwerk deutscher Apotheken)
Mit Elektrostimulation bildet sich die Schluckstörung zurück

Bücher:

Michaela Grau, "Schluckstörungen (Dysphagie): Basiswissen und Übungen für Betroffene, Angehörige, Pflegekräfte und Therapeuten", FON Fachverlag 2014

Boban Erovic, Piero Lechner, Claudia Braunstein, "Geschmeidige Kost: Essen ohne Barriere", Manz Verlag 2018

Monika Hübner, "Schluckstörungen bei Menschen mit Demenz vom Typ Alzheimer", Schulz-Kirchner 2021

Sendereihe