Praxis - Religion und Gesellschaft
Missbrauch und Vertuschung im Bistum Köln
Köln: Gutachten zu Missbrauchsfällen erschüttert Bistum +++ Schweiz: Neuer Bischof für zerstrittene Diözese Chur +++ Gläserne Decke für Frauen in der evangelischen Kirche
24. März 2021, 16:05
1. Köln: Gutachten zu Missbrauchsfällen erschüttert Bistum
Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki hat am Dienstag "Chaos in der Verwaltung" sowie ein "System aus Schweigen, Geheimhaltung und mangelnder Kontrolle" eingeräumt. Zurücktreten will er nicht. Dem vorausgegangen war ein monatelanges Ringen, bis vonseiten des Erzbistums Köln vergangene Woche ein Gutachten zum Umgang mit sexualisierter Gewalt in den eigenen Reihen veröffentlicht worden ist. Das Ergebnis ist brisant - und erschreckend, denn es weist hochrangigen Klerikern schwere Versäumnisse nach. Darunter befinden sich der amtierende Hamburger Erzbischof Stefan Heße und der Kölner Weihbischof Dominikus Schwaderlapp. Beide haben Rom bereits den Rücktritt angeboten. Zahlreiche andere Geistliche wurden vom Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki von ihren Pflichten entbunden. Dieser verspricht nun noch mehr Bemühen um transparente Aufarbeitung - doch für viele kommen diese Worte zu spät. ORF-Deutschland-Korrespondentin Verena Gleitsmann hat sich in Köln mit Menschen unterhalten, deren Vertrauen in die römisch-katholische Kirche Schaden genommen hat. Diese berichten von ihren Verletzungen und von ihren Wünschen, wie es nun im Bistum Köln weitergehen sollte.
2. Schweiz: Neuer Bischof für zerstrittene Diözese Chur
Er tritt kein leichtes Erbe an: Der Opus-Dei-Priester Joseph Bonnemain, der am 19. März in der Kathedrale von Chur zum Bischof geweiht worden ist, gilt ausgerechnet als Hoffnungsträger der Liberalen. Das Schweizer Bistum Chur hat seit den 1980er-Jahren immer wieder Negativschlagzeilen gemacht, unter anderem wegen der tiefen Gräben zwischen Konservativen und Liberalen in Kirchenvolk und Bistumsleitung. Gestritten wurde um die Rolle der Frauen, um den Umgang mit homosexuellen Menschen und um die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen. Konflikte gab es auch deshalb, weil sich das zur Bischofswahl berechtigte Domkapitel nicht auf einen Kandidaten aus dem Dreiervorschlag des Papstes einigen konnte. Die Affäre um eigentlich streng geheime Sitzungsprotokolle ging als #DomkapitelLeaks in die jüngsten Annalen der bewegten Bistumsgeschichte ein. Nun hat Papst Franziskus ein Machtwort gesprochen und den 72-jährigen Joseph Maria Bonnemain - obwohl konservativ, so doch als "Brückenbauer" geschätzt - zum neuen Bischof von Chur erkoren. Bonnemain hat ursprünglich Medizin studiert und als Chirurg gearbeitet, bevor er sich der Theologie zugewandt hat. ORF-Schweiz-Korrespondentin Raphaela Stefandl berichtet von der Bischofsweihe in Chur und den Querelen, die ihr vorausgegangen sind.
3. Gläserne Decke für Frauen in der evangelischen Kirche
In der evangelischen Kirche stehen Frauen zwar alle Leitungsämter offen, tatsächlich gewählt werden sie in Österreich dennoch sehr selten. Deutlich geworden ist das erneut bei der Wahl eines neuen Superintendenten am 6. März im Burgenland. Zwei Frauen waren zur Wahl aufgestellt worden und ein Mann - gewählt wurde der Mann. Überraschenderweise bereits im ersten Wahlgang, mit einem Stimmenverhältnis von 48 zu 16. Manche vermuten darin eine Benachteiligung aufgrund des Geschlechts, andere führen das Ergebnis auf die in ihren Augen unterschiedliche Qualifikation der Kandidatinnen und des Kandidaten zurück. Auch schon bei der Wahl in Wien vor zwei Jahren hatten einige in der evangelischen Kirche auf eine Superintendentin gehofft - und wurden enttäuscht. Auf dem Papier sind in der evangelischen Kirche Männer und Frauen vollkommen gleichgestellt, in der Realität stoßen Frauen aber immer noch oft an die sprichwörtliche "gläserne Decke". Mariella Kogler hat bei Pionierinnen in kirchlichen Leitungsfunktionen und bei heute aktiven Frauen in der evangelischen Kirche nach den Gründen gefragt.
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