APA/HELMUT FOHRINGER
Medizin und Gesundheit
Thrombosegefahr durch COVID-19 und die Impfungen
25. März 2021, 16:05
Die Verunsicherung ist groß: Soll man sich nun gegen COVID-19 impfen lassen oder handelt man sich mit dem Schutz gegen das Virus auch die Gefahr einer Thrombose ein? Schließlich wurden in den vergangenen Wochen zahlreiche Fälle publik, in denen es nach einer Impfung zu schweren Störungen der Blutgerinnung gekommen ist. Der hier vor allem in Verdacht geratene vektorbasierte Impfstoff von AstraZeneca wurde auch mit dem Auftreten sogenannter Sinusvenen-Thrombosen in Zusammenhang gebracht. In der Folge wurde die Verimpfung in mehreren europäischen Staaten ausgesetzt. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA hat mittlerweile zwar Entwarnung gegeben und auch der Wiener Thrombose-Experte Cihan Ay von der Meduni Wien sieht zurzeit keine Gefährdung durch die Impfung. Dennoch bleibt die Skepsis bestehen.
Anstieg der Fälle oder bloße Hintergrundinzidenz?
Tatsache ist, dass derartige thrombotische Ereignisse in der Normalbevölkerung immer wieder auftreten - nun stoßen sie durch Pandemie und Impfen auf ein verstärktes Interesse in der Öffentlichkeit.
Die andere Seite: Immerhin finden sich bei einem Drittel der an COVID-19-erkrankten Personen mehr oder minder ausgeprägte Thrombosen in den Gefäßen, die zu schwerwiegenden Schäden im ganzen Körper, bis hin zur Lungenembolie führen können.
Man geht davon aus, dass rund 8.000 Menschen in Österreich pro Jahr von Thrombosen betroffen sind.
Klassischer Risikofaktor ist hier, neben einer genetischen Veranlagung und der Kombination von Pille und Rauchen bei Frauen, vor allem die Immobilisierung: Die völlige Ruhigstellung der Beine, etwa bei einem Liegegips, nach einer Operation oder bei einer langen Flugreise führt dazu, dass Blut nicht mehr durch Muskelarbeit in ausreichendem Maß aus den tiefen Beinvenen zum Herz zurücktransportiert werden kann und damit zu stocken beginnt. Daraus kann sich eine tiefe Beinvenenthrombose, kurz TVT, entwickeln. Sie ist deshalb so gefürchtet, da sich von dieser Stelle ein Gerinnsel lösen, als Embolus über den Blutweg in die Lungenarterien wandern und dort einen Lungeninfarkt auslösen kann. Ähnliches gilt für das Vorhofflimmern, ein Zustand, bei dem das Herz unregelmäßig schlägt und dies auf Dauer zur Bildung eines Thrombus führt, der im Gehirn einen Schlaganfall auszulösen vermag. In beiden Fällen ist die Blutverdünnung daher unumgänglich.
Thrombosen rund um Corona
Auch SARS-CoV-2 verursacht, wie so manche anderen Viruserkrankungen, eine Gerinnungsstörung. Somit kann es zu Verschlüssen in den großen Gefäßen aber auch zu kleinsten Mikrothromben und Infarkten in den verschiedenen Organen kommen. Beim jüngst beschriebenen Long-Covid-Syndrom, das nach durchlittener Krankheit mit einem monatelangen Fortbestehen von Symptomen wie Atemnot, Müdigkeit oder Konzentrationsstörungen einhergeht, könnten derartige Gefäßverschlüsse eine wichtige Rolle spielen.
So ist eine der wesentlichen Säulen zur Behandlung von COVID-19 im Krankenhaus die medikamentöse Antikoagulation - eine Therapie, die man in der ersten Welle der Pandemie noch nicht in diesem Ausmaß auf dem Radar hatte. Über die prophylaktische Gabe dieser blutverdünnenden Maßnahmen, bereits bei leichten Verläufen, wird zurzeit diskutiert.
Ronny Tekal widmet sich in der aktuellen Ausgabe des Radiodoktors dem brandaktuellen Thema der Thrombosen und versucht auch zu klären, ob die Ressentiments bezüglich der Astra Zeneca Impfung hier gerechtfertigt sind.
Moderation und Sendungsvorbereitung: Dr. Ronny Tekal
Redaktion: Dr. Christoph Leprich
Reden auch Sie mit! Wir sind gespannt auf Ihre Fragen und Anregungen. Unsere Nummer: 0800/22 69 79, kostenlos aus ganz Österreich.
Würden Sie sich, angesichts der fraglichen Thrombose-Gefahr, gegen COVID-19 impfen lassen?
Sind Sie an Corona mit begleitenden Thrombosen erkrankt?
Hatten Sie einmal eine tiefe Beinvenenthrombose, bzw. eine Lungenembolie?
Leiden Sie an Vorhofflimmern?
Wenn Sie blutverdünnende Medikamente einnehmen müssen: Wie wirkt sich das auf Ihr Leben aus?
Service
Studiogast im FH Wien:
Assoc.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Cihan Ay
Facharzt für Innere Medizin, Hämatologie und Onkologie
Universitätsklinik für Innere Medizin I
Klinische Abteilung für Hämatologie und Hämostaseologie
Meduni Wien
Währinger Gürtel 18-20
A-1090 Wien
Tel: +43/1/40400 - 44100
E-Mail
Homepage
Zugeschaltet am Telefon:
Assoc.-Prof.in Dr.in Eva Schaden
Fachärztin für Anästhesie und Intensivmedizin
Klin. Abteilung für allgemeine Anästhesie und Intensivmedizin
AKH Wien/Meduni Wien
Währinger Gürtel 18-20
A-1090 Wien
Tel: +43/1/40400-41070
E-Mail
Homepage
Weitere Anlaufstellen und Info-Links:
Österreichische Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin
Patienteninformation der Österreichischen Gesellschaft für internistische Angiologie
Österreichische Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie
Infos zur Lungenembolie (Minimed 2020)
Informationen zur Sinusvenenthrombose (Gesundheitsministerium)
AstraZeneca-Impfungen und Thrombose (Der Standard 3/2021)
Warum Corona gefährliche Blutpfropfen auslöst (Focus.de 3/2021)
Thrombo-Blog (Dr. Sabine Eichinger)
Tiefe Beinvenenthrombose und Lungenembolie
Bücher:
Andrea Hergenröther, "Der sichere Umgang mit Blutverdünnern: Leben mit Gerinnungshemmern", Avoxa - Mediengruppe Deutscher Apotheker 2017
Nora Kircher, "Leben mit Blutverdünnern: Gesunde Ernährung mit wenig Vitamin K und über 180 Rezepten", Hädecke Verlag 2014
Clemens G Arvay, "Corona-Impfstoffe: Rettung oder Risiko?", Quadriga 2021
Florian Netzer, "Das Venenbuch: Wirksame Hilfe bei Besenreisern, Krampfadern, Thrombosen und offenem Bein", Schlütersche 2016